Frau Müller muss weg!

Komödie, Deutschland 2014, 88 min

Weder der Durchbruch des ersten Zahnes oder der erste Tag im Kindergarten, noch der Schulanfang - nichts kann Eltern so fertig machen wie der Wechsel auf die weiterführende Schule. Gebetsmühlenartig leiert der Lehrkörper in den Elternabenden der vierten Klassen herunter, dass die Chancen fürs Leben auf den Mittelschulen, die neuerdings, jedenfalls in Sachsen, wieder Oberschulen heißen, genauso gut sind wie auf den Gymnasien. Dass Kinder, die nach der 10. Klasse das Abitur machen wollen, viel motivierter sind, dass viele Wege nach Rom führen und so weiter… ach ja? Wenn man noch nicht misstrauisch wäre, jetzt würde man es. Und so drängt sich die Elternschaft nach der Beschwörung der Chancengleichheit und der Vorführung einiger Jugendlicher, die den ganzen Rummel schon hinter sich und tapfer über ihren Bildungsweg Auskunft gegeben haben, um die Vertreter der aktuellen Supergymnasien, während die Auskunft gebenden Damen und Herren der Mittel-, pardon Oberschulen, einsam auf ihren Stühlen hocken bleiben. Das Abi hat nach wie vor Hochkonjunktur. Kinder, die sich in der dritten Klasse noch nicht sicher sind, ob sie den Sprung auf die Penne schaffen, dürfen sich schon mit neun Jahren als Versager fühlen. Kein Wunder, wenn die Eltern mit den Säbeln rasseln und sich die Lehrer zur Brust nehmen. So weit zur Gesamtsituation, jetzt zum Film.
Frau Müller muss weg, sie gehört abgesetzt. Der fünfköpfigen Elternfront, die da zum Elternabend in die Grundschule einreitet, ist sonnenklar, dass die Schuld für die nachgewiesenermaßen unausreichenden Fähigkeiten ihrer Kinder komplett bei der Lehrerin liegt. Doch die entpuppt sich als hart gesottene, keineswegs vom Burnout bedrohte Fachkraft und zeigt den aufmüpfigen Erwachsenen, wo Barthel den Most holt. Ein ganz ziviler Elternabend verwandelt sich unversehens in eine Schlacht und die Fronten verändern sich permanent. Sönke Wortmann hat Lutz Hübners Komödie von 2010 (uraufgeführt am Schauspielhaus Dresden und immer noch im Spielplan) verfilmt. Die wunderbare Gabriela Maria Schmeide (»Das weiße Band«, »Halbe Treppe«) spielt Frau Müller. Justus von Dohnányi, Anke Engelke, Mina Tander, Ken Duken und Alwara Höfels geben die knallhart auftretenden und natürlich doch recht defizitären Eltern. Alle lassen sie genüsslich die Sau raus in dieser bitterbösen und schreiend komischen Abrechnung mit den Errungenschaften des deutschen Bildungssystems.
Grit Dora