Mademoiselle Hanna und die Kunst Nein zu sagen

Komödie/Drama, Frankreich 2015, 100 min

Männer sind Hannas Trauma, sie kann ihnen nichts abschlagen. Von Nymphomanie ist sie weit entfernt, sie erträgt einfach deren Kummer nicht. Und so kann sie ihnen weder Wahrheiten sagen, noch könnte sie sie entlassen. Ohne Abfindung. Hanna leitet die Personalabteilung einer großen Firma. Und wenn wieder reihenweise Leute mit einem Tritt vor die Tür gesetzt werden sollen, sorgt sie für ein wenig emotionales Gleichgewicht in der Welt. Hanna gibt sich den Kerlen lieber hin, als dass sie ihnen lang nachweint. Für ein Mädchen mit algerischen Wurzeln ist das ein starkes Stück Freiheit, aber die Stadt der Liebe war immer schon nach Hannas Geschmack. Dafür wird sie von ihrem Bruder Hakim auch heftig angefeindet. Mit Frau und Kind möchte der gerade aus Paris fortgehen zurück nach Algerien, um den wahren Moslem in sich zu erwecken. Er ist der Einzige in der Familie, dem unglückliche Menschen so ziemlich egal sind, sich selbst eingeschlossen. Der Vater investiert als algerischer Lebensmittelhändler täglich eine Menge seines Glaubens und harte Euros in die klamme Kundschaft, und auch Hannahs Mutter geht als Therapeutin mit gutem Beispiel voran. Ein typischer französischer Großstadtfilm, könnte man meinen, von einem Mädchen, das sich endlich ganz romantisch verlieben wird, in einen Arzt. Ausgerechnet. Der sie wegen ihrer Offenherzigkeit nicht für eine Personalchefin hält… Aber dann kippt das Autorenpaar gleich mal ordentlich Pastis in den Schampus. Das bittersüße Credo von Baya Kasmi und Michel Leclerc würzte schon bei »Der Name der Leute« die Handlung, worin eine attraktive, junge Dame mittels romantischer Abenteuer rechtskonservative Deppen zu vernünftigen Menschen sexualisieren wollte. Das echte Leben mischt sich Dank des Scharfblicks von Kasmi und Leclerc immer wieder auch zwischen die amüsanten Momente dieser feinen Komödie. Hanna wurde vor Jahren von ihrem Kinderarzt sexuell missbraucht. Ihr Bruder Hakim musste damals hilflos zusehen. Dass seine Schwester jetzt mit einem Doktor anbändelt, macht ihn wütend. Und hilflos, denn er braucht den Arzt und die Schwester mehr denn je; Hakim benötigt eine Spenderniere. Bruder und Schwester müssen noch einiges voneinander lernen.
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