Eine fatale Entscheidung
In den letzten Jahren hat sich der Fernsehmarkt entscheidend verändert. Da wird gehämmert und gestrichen. Kinder und Hunde werden erzogen. Mangels anderer Gelegenheiten kann der Zuschauer sich im Gerichtssaal vergnügen, und auf fast allen Sendern wird gekocht, dass einem schlicht und einfach der Appetit vergeht. Später dann werden die Kamera und das Mikrofon in einem Streifenwagen montiert und die mehr oder weniger gelangweilte Fangemeinde kann einem Paar durchaus durchschnittlicher Polizisten bei der Arbeit über die Schulter schauen. Da schaut der gute Krimi ziemlich alt aus. Die großen Arbeiten aus dem Genre des Polizeifilms, wie etwa Don Siegels »Nur noch 72 Stunden«, sind fast alle schon mindestens dreißig Jahre alt.
Jetzt aber tritt Xavier Beauvois an. Er hat seinen Film konsequent als eine Art Anti-Thriller inszeniert und gewinnt damit dem alten Genre genügend neue Facetten ab, um einen mehr als interessanten Kinoabend zu garantieren. Fast dokumentarisch schildert er 08/15-Zeugenbefragung, Beschattungen oder gar einen Polizistenmord mit ruhigen und genauen Bildern. Dabei überraschen seine Protagonisten mit durchaus zwiespältigen Charakteren.
Beauvois hält seine Geschichte dann auch betont einfach. Nach erfolgreichem Abschluss der Polizeiakademie gibt es für den jungen Kommissar Antoine Derouére (Jalil Lespert) nur ein Ziel: Paris. Für den heißblütigen Jungen gibt es in der Provinz einfach zu wenig Action, nur ein Mord im Jahr reicht ihm bei weitem nicht aus. In der Hauptstadt angekommen, wird er dem Team der erfahrenen Polizistin Caroline Vaudieu (Nathalie Baye) zugeteilt. Schnell stellt sich der Dienst aber auch in Paris als langweiliger als erwartet heraus. Selbst die Ermittlungen in einer Mordserie werfen außer jeder Menge Routinearbeit nicht viel Aufregendes ab. Aber als Antoine und sein Kollege Louis (Antoine Chappey) auf der Suche nach einem russischen Verdächtigen die sechzehnte Obdachlosenunterkunft abklappern, treffen sie eine fatale Entscheidung…
Buch: Xavier Beauvois, Cedric Anger
Regie: Xavier Beauvois
Darsteller: Nathalie Baye, Jalil Lespert, Roschdy Zem, Antoine Chappey, Jacques Perrin, Bruce Myers, Patrick Chauvel
Produktion: Why Not Prod., Pascal Caucheteux
Bundesstart: 06.07.2006
Start in Dresden: 06.07.2006