Tigerland

Drama/Kriegsfilm, USA 2000, 100 min

Mit großen Namen kann der vielleicht wichtigste Antikriegsfilm der letzten Jahre nicht aufwarten, außer einem, dem von Regisseur Joel Schumacher. Der hat den Film, in der modernsten aller Arten einen Film zu machen, produziert, der Art von Dogma. Natürlich sieht man es dem Streifen an, dass er über große Strecken mit einer 16mm Handkamera quasi aus der Hüfte geschossen worden ist. Dies gerät bei den Amerikanern ja langsam auch zum Stilmittel. Aber Schumacher benutzt solche Einstellungen souverän und erzeugt damit den Eindruck einer Dokumentation. Dabei gibt er aber nie die Idee eines Spielfilms auf. Er berichtet authentisch und mit einer gehörigen Portion Witz aus der Perspektive US-amerikanischer Rekruten. Diese stehen, der Film spielt in der Zeit des Vietnamkrieges, auf der letzten Stufe vor den Höllen. Einerseits unterliegen sie einer perfekten Gehirnwäsche, und andererseits ist es für viele von ihnen überhaupt erst mal eine Chance, Fuß in der amerikanischen Gesellschaft jener Zeit zu fassen. Vorausgesetzt sie überleben. Und da winkt Schumacher dann auch gewaltig, wenn auch nicht ganz unsympathisch mit dem moralischen Zeigefinger: Man kann seine Normalität in einer aus den Fugen geratenen Welt nur bewahren, wenn man sich ihr stellt. Na ja, irgendein Transportmittel braucht man ja schließlich für jede Idee. In diesem Film ist es die Figur des Roland Bozz (Newcomer Colin Farell ist grandios), der unverkennbar an die Rolle des Murphy aus ‘Einer flog über’s Kuckucksnest erinnert. Bozz bringt mit seiner ständigen, teils narritiven ‘gerade-noch-nicht-Sabotage’ und seinem wunderbaren Ungehorsam seine Vorgesetzten nicht nur ständig gegen sich auf, er verhilft vielmehr Einem nach dem Anderen seiner Militärkollegen zum Abgang aus dem Ausbildungslager. Nun könnte das ganze ja zu einer grandiosen Eulenspiegelei werden, doch nicht so in diesem Film: Allen, Vorgesetzten wie auch Unterstellten und auch dem Publikum, wird allmählich klar, dass sich dieser Kerl zum perfekten Führer eignet, und Bozz gerät endgültig zwischen alle Fronten des Wahnsinns.