L’esquive

Drama/Komödie, Frankreich 2003, 117 min

Von den diesjährigen Cesaren, den französischen OSCARS, gingen vier an diesen Film. Der Film, das Drehbuch, die Regie und auch die überzeugende Leistung der jungen Sara Forestier schienen die Herzen der Juroren so vollkommen mit Wärme und Freude zu füllen, dass sämtliche arrivierten Kollegen, von Bonnaire bis Leconte, 2005 mit leeren Händen wieder nach Hause gehen mussten. Doch halt, sie gingen ja mit von dieser wunderschönen Geschichte angefüllten Herzen heim.
Irgendwo in den Banlieus von Paris bereiten sich Lydia Sara Forestier und ihre Klassenkameraden auf ein Schauspiel von Marivaux vor, das ein wenig an Shakespeares Liebeskomödien erinnert und vom zufälligen sich ineinander Verlieben handelt. Lydias Hauptrolle in »Das Spiel von Liebe und Zufall« fasziniert ihren Kumpel Krimo Osman Elkharraz, der sich endlich angesichts der inbrünstig Verse deklamierenden Lydia hoffnungslos in sie verliebt. Auch Lydia selbst fühlt bei ihrer Arbeit an dem Stück eine plötzliche und tiefe Ergriffenheit. Sie springt kopfüber in diese Rolle hinein und taucht als blondgelockter agressiver Vorstadtengel wieder auf. Das bleibt für Krimo nicht ohne Folgen. Zwar versucht er mit allen Mitteln, seinem Freund Rachid dessen Rolle als Harlekin in dem Stück „abzukaufen“, um Lydia so nah wie nur möglich zu kommen. Doch andererseits ist er als introvertierter Typ komplett ungeeignet dafür. Hinzu kommen die strengen Regeln, die Verhaltenscodes in den Banlieus, nicht allein der orientalischen Herkunft wegen. Da muss ein Junge zuerst einmal cool sein, und die Gruppe zählt mehr als alles andere. Bei Lydia ist es die Kunst, welche auf sie befreiend wirkt. Bei Krimo ist es die Liebe zu Lydia, denn längst ist er hoffnungslos in sie verknallt.
Abdellatif Kechiche gelingt es scheinbar mit leichter Hand, einen sehr jungen und authentischen Film über die Kraft der Kunst und der Sprache just dort anzusiedeln, wo andere vor ihm nur Gewalt, Drogen und soziale Spannungen zeigten.