8. Wonderland

Drama, Frankreich 2008, 98 min

Das wäre ein wahrhaftiges Weltwunder, wenn es ein Land gäbe, in dem das viel gepriesene Volk das Sagen hätte. Was könnte Volk da nicht alles sagen, erwidern oder von sich geben. Wie im 8th Wonderland, wo sich jeder einloggen kann. Demokratie 8.0 würde zum nahe liegenden Staatsgrund, weil jeder Bürger noch vor eigener Bildung oder eigener Meinung etwas viel Wichtigeres besäße, nämlich einen eigenen Internetzugang. Aus divide & rule wird plug & play. Und schon verändert der Mensch die Welt. Per Mausklick. Im Wunderländle Nummer Acht loggt sich nun wie wild jedermann und -frau ein. Warum jetzt aber ausgerechnet Kondomautomaten am Petersplatz in Rom aufgestellt werden, ein Atomdeal zwischen Iran und Russland gestoppt oder dem amerikanischen Präsidenten der Thanksgiving-Truthahn entführt wird, bleibt das Geheimnis der ambitionierten Filmemacher aus Frankreich. Oder besser, es bleibt deren frommer Wunsch. Wer etwas Zeit im Netz verbringt, ist an dieser Stelle sicher skeptischer. Na gut, dem tugendhaften Wunsch entspringt also die Grundidee vom eigenständigen und virtuellen Staat. Ein demokratisches Gemeinwohl in festen Grenzen, passwortgeschützt und fortschrittlich, mutig und Willens, den herkömmlichen und verkommenen Staaten dieser Erde den Kampf anzusagen. Kampf? Das erfordert ein Schlachtfeld in der Realität. Dort unterliegen aber noch immer die Guten. Geschwind ist also ein Bogen gespannt, an dem sich die grandios in Szene gesetzte und blitzschnell geschnittene Parabel entlang hangelt und bald zur Kernfrage gelangt. Zur Machtfrage. Denn nicht, wer das Sagen hat, hält die Zügel in Händen, sondern, der die Macht hat. Ganz klar, hier kollidiert das virtuelle Staatengebilde mit den echten Schurken. Da braucht es nur eine Handvoll Mausklicks, und schon glaubt alle Welt, die Wunderländler von Nummer Acht seien auch verantwortlich für den Terrorismus 8.0. Und wo, wenn nicht im Netz, wird schneller eine Lüge geglaubt und verbreitet, als sie auf althergebrachte Weise überhaupt ausgesprochen werden kann? Noch dazu, wenn sich bereits ein eigennütziger Schuft als Anführer der Wunderländler ausgibt… Ein interessantes Gedankenexperiment ist diese schöne neue Welt aber allemal.

Buch: Nicolas Alberny, Jean Mach

Regie: Nicolas Alberny, Jean Mach

Darsteller: Matthew Geczy, Eloissa Florez, Robert William Bradford, Alain Azerot, Ahlima Mhamdi, Michael Hofland

Kamera: Antoine Marteau

Musik: Nicolas Alberny

Produktion: Guillaume Letellier

Bundesstart: 12.08.2010

Start in Dresden: 12.08.2010

FSK: ab 12 Jahren