Poll

Drama, Deutschland/Österreich/Estland 2010, 139 min

Großes Kino über die komplizierte und so spannende deutsch-europäische Geschichte.
Juni 1914. Die 14-jährige Oda von Siering kehrt mit den sterblichen Überresten ihrer Mutter aus Berlin zu ihrer Familie an die baltische Ostseeküste im heutigen Estland zurück, damals eine entlegene Provinz des russischen Zarenreiches. Dort leben Deutsche, Russen und Esten weitgehend friedlich miteinander, belauern aber einander misstrauisch.
Auf Poll, dem Gut der adeligen deutsch-baltischen Familie, trifft das temperamentvolle und etwas altkluge Mädchen auf eine Gesellschaft, die inmitten eines porösen Idylls ihrem Zusammenbruch entgegengeht. Ihr Vater z. B., ein fanatischer wie skrupelloser Pathologe und Hirnforscher, ist auf der Suche nach dem Bösen im Gehirn. Als Oda zufällig einen schwer verwundeten estnischen Anarchisten findet, entscheidet sie aus einem romantischen Impuls heraus, ihm zu helfen. Die Entdeckung des namenlosen Verletzten, der sich nur „Schnaps“ nennt, wird dramatische Konsequenzen für ihre Angehörigen und sie selbst haben. Denn für Oda ist es eine Flucht aus der erdrückenden Enge des Familienlebens zu diesem so ganz anderen Mann, einem geflohenen Sträfling und verbotenen Autor, der all ihr kindliches Sehnen nach einem Leben voll Romantik und Gefahr befeuert. Für „Schnaps“ aber steht fest, das Gut Poll so schnell wie möglich zu verlassen. Doch zu stark sind die Glut und Wucht der Gefühle einer leidenschaftlichen Halbwüchsigen, die mit ihrer ganzen Welt brechen möchte, bevor die Welt sie bricht. In der Hitze des estnischen Sommers 1914, am Vorabend des Untergangs des alten Europa, spitzen sich die Konflikte auf dem Gut Poll symbolisch und unausweichlich zu…
Die Ergebnisse sind bekannt, die Deutschen verlassen das Baltikum, das am Rande des zentraleuropäischen Untergangs in eine wechselhafte und sehr blutige Abfolge von Kriegen und Bürgerkriegen sowie nationaler Identitätssuche gerät. Chris Kraus (»Vier Minuten«) mit einem bildgewaltigen Film über eine scheinbar ruhige Welt am Vorabend des Untergangs. Wunderschöne, teils surreale Bilder und großartige Schauspieler verdichten sich zu großem Kino.