All or Nothing - Alles oder Nichts

Drama, Großbritannien/Frankreich 2002, 128 min

Mike Leigh, Jahrgang 1943, gehört heute zu den bekanntesten britischen Regisseuren. Wie viele seiner Landsmänner erwarb er sich vor allem durch seine eindringlichen filmischen Portraits (»Lügen und Geheimnisse«, »Karriere Girls«) der zumeist einfachen sozialen Schichten einen außerordentlichen Ruf. In Cannes sorgte er 2002 mit seinem neuen Werk »All or nothing« für Furore, in dem er seinem künstlerischen Credo „Realismus“ treu bleibt und dennoch beweist, dass dieses sehenswertes Kino keineswegs ausschließt.
»All or nothing« erzählt die Geschichte von Penny und Phil, die mit ihren beiden Kindern in einer der unzähligen namenlosen Hochhaussiedlungen am Rande der Stadt wohnen. Genau da, wo sich das Leben auf Essen, Schlafen, Arbeiten reduziert, zerplatzte der Traum der Supermarkt-Kassiererin Penny (Lesley Manville) von einem erfüllten Leben an der Seite des Londoner Taxifahrers Phil (Timothy Spall). Alltagsfrust und Überlebenskampf ersetzen Sehnsucht und Liebe. Die Zeit der Zärtlichkeit gehört endgültig der Vergangenheit an - so scheint es jedenfalls. Was bleibt, sind für Penny die Flucht zu ihren Freundinnen, für Phil der Kumpel, die Kneipe und die innere Verweigerung. Ihre inzwischen erwachsenen Kinder wohnen noch auf engstem Raum bei ihnen. Die verschlossene Tochter Rachel (Alison Garland) putzt in einem Altersheim, der arbeitslose Sohn Rory (James Corden) hängt meistens vor der Glotze. Überall ist es besser, wo wir nicht sind…
Als Rory bei einer Rangelei zusammenbricht und ins Krankenhaus kommt, zeigt der Schock unter den Familienangehörigen eine heilende Wirkung: Durch seinen Schmerz öffnet sich Phil erstmals nach langer Zeit - zwischen den beiden verletzten Partnern kommt es zu einer vorsichtigen Annäherung für die es eigentlich schon zu spät schien…
Mike Leigh’s Film trifft mitten ins Herz, lässt uns weinen, lachen, hoffen. Trotz der Tristesse - »All or nothing« ist ein optimistischer Film über die Kraft der Liebe und den Mut in verzweifelten Situationen, der durch die großartigen Schauspielerleistungen, allen voran Timothy Spall als Phil, Menschlichkeit fühlbar macht.