Kontroll

Action/Thriller, Ungarn 2003, 111 min

Lange Jahre war es hierzulande um den ungarischen Film zu still. Es schien fast so, als wäre er von der cineastischen Landkarte Europas verschwunden. Jetzt aber stellt sich das ungarische Kino mit einem Paukenschlag wieder vor! Es ist ein Film, der nicht nur an die großen Traditionen des ungarischen Kinos, denken wir nur an Istvan Szábo, anknüpft, sondern völlig neue Maßstäbe setzt. »Kontroll« ist am ehesten mit hyperrealistisch zu beschreiben. Drehbuch und Regie stammen von Nimród Antal. Der Mann wurde 1973 in Los Angeles geboren. 1995 machte er seinen Abschluss an der ungarischen Akademie für Drama und Film in Budapest. Es ist sein erster Spielfilm, und der hat den “Le Prix de la Jeunesse” beim diesjährigen Festival in Cannes gewonnen. Der Film hat hervorragende Aussichten auf den OSCAR. Er wurde für die Kategorie „Bester nicht englischsprachiger Film“ nominiert.
Sie machen die undankbarste Arbeit der Welt, sie sind irre oder sie werden es an diesem Job. Sie sind die Kontrolleure der Budapester U-Bahn. Sie werden ignoriert oder bespuckt, getreten, verprügelt und verhöhnt. Da ist der “Professor” (Zoltán Mucsi), der ständig über Dienstvorschriften spricht und Moral redet. Da ist Lescó (Sándor Badár), der aus allen anderen Berufen rausgeflogen ist. Immer war die Begründung: Unakzeptables hygienisches Erscheinungsbild. Bei der Metro stört das niemand. Da ist Muki (Csaba Pindroch), der jeden Traum schon vor sehr, sehr langer Zeit aufgegeben hat. Da ist der junge Tibi (Zsolt Nagy), der zum ersten Mal arbeitet. Und da ist Bulscú (Sándor Csány), der Held des Filmes. Er hat sich für ein Leben in einem unterirdischen Labyrinth entschieden. Tag und Nacht streift er durch die Wege des U-Bahnnetzes. Hier ist er zu Hause. Mit der Welt, am anderen Ende der Rolltreppen, will er nichts mehr zu tun haben. Er ist der Anführer seiner Truppe und verteidigt diese gegen die anderen, rivalisierenden Trupps der Kontrolleure. Er ist der Einzige, der den “Road-Runner”, jenen Typen, der die Kontrolleure jeden Tag auf’s Neue narrt, schon mal erwischt hat. Er ist auch der Einzige, der eine Ahnung von dem mysteriösen Killer hat, der die ganze U-Bahn unsicher macht. Mit seinem Team und dennoch allein erlebt er eine atemraubende Realität, die genauso begreifbar wie gedopt daherkommt.
Der Film wurde nachts, wenn kein Zug mehr fährt, in der Budapester U-Bahn gedreht. Dies war natürlich nur mit der massiven Unterstützung des Verkehrsbetriebes möglich. Da die Metro aber alles andere als gut dabei abschneidet, spricht ihr Direktor eine völlig abgefahrene Einleitung zum Film. Er wollte wohl jeden Imageschaden vermeiden und hat dem Regisseur damit unfreiwillig einen riesigen Dienst erwiesen. Der bedankt sich mit einer phantastischen Arbeit. »Kontroll« ist so etwas wie eine schwarzhumorige Thrillerkomödie, geht aber gleichzeitig weit darüber hinaus. Der Film hinterlässt einen absolut starken Eindruck. Er ist erfrischend eigenständig, skurril und aggressiv zugleich und er lebt von seinen absurden Überhöhungen. Er stammt von einem Mann, der sein Handwerk mit frischer, so noch nie gesehener Präzision beherrscht und von dem, dies wünsche ich mir ausdrücklich, noch sehr viel mehr zu sehen sein wird: Nimród Antal!

Buch: Nimrod Antal

Regie: Nimrod Antal

Darsteller: Sándor Csányi, Zoltán Mucsi, Csaba Pindroch, Zsolt Nagy, Eszter Balla, Bence Matyasi, Szabo Gyozo, Balazs Mihalyfi, Péter Scherer

Kamera: Gyula Pados

Musik: NEO

Produktion: Cafe Film, Bonfire, Tamas Hutlassa

Bundesstart: 10.02.2005

Start in Dresden: 10.02.2005

FSK: ab 12 Jahren