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Ohne Rückkehr - Return to Seoul

Drama, Belgien/Deutschland/Frankreich/Katar/Südkorea 2022, 119 min

Es dauert lange, ehe halbwegs spürbar wird, was genau die junge Französin Freddie (Park Ji- Min) in Seoul zu finden glaubt. Offensichtlich ist ihre Herkunft koreanisch, aber sie versteht hier kein Wort und in Seoul ist sie offenbar zum ersten mal in ihrem Leben. Um die Gepflogenheiten kümmert sie sich Null und poltert durch Bars und Betten, wie es eben manche westeuropäische Tourist:innen zu tun pflegen. Dabei missfällt ihr, wie sehr ihre äußere Erscheinung im Stadtbild aufzugehen scheint, und je mehr ihr zur vermeintlich erfolgreichen Spurensuche in ihrer verloren geglaubten Heimat gratuliert wird, desto arroganter verwehrt sie sich dagegen. Ihre Adoption nach Frankreich hat einen tiefen Riss hinterlassen, und Freddie ist zu diesem Zeitpunkt ausschließlich in der Lage, den Schmerz darüber zu empfinden. Und ihn zu teilen. Eine schier unüberwindbare Distanz trennt sie hier von allen Dingen, die zeitgleich empfundene Vertrautheit macht ihr Angst. Also begegnet sie den Menschen sicherheitshalber als Kriegerin. In Seoul, wo alles eine tiefere Bedeutung zu haben scheint, klingt ihr selbst der eigene Geburtsname wie Hohn, steht er doch für ein sanftmütiges und fröhliches Wesen. Ihrem leiblichen Vater begegnet sie mit einer Was-zum-Teufel-wollt-ihr-alle-von-mir-Attitüde; und er, der schuldbeladen wie ein Häufchen Elend vor ihr hockt, bekommt nichts als Spott zu hören… Die Suche nach dem Menschen, der sie sein möchte, hat gerade erst begonnen (in einer frühen Phase lautete der Filmtitel »All the People I'll Never Be«). Womöglich kann sie hier erst Wurzeln schlagen, nachdem sie überschwenglich die Furiosa gegeben hat, die gedankenlos jeden Menschen für ihre Zwecke adoptiert. Aufgrund der Armut nach Ende des Koreakrieges vermittelten Adoptionsagenturen die Kinder des Landes vermehrt ins Ausland, dieser Trend hielt an bis 2007. Auch die koreanische Gesellschaft, wo die intakte Familie heilig ist, lernt erst langsam den Wert ihrer in alle Welt verstreuten Nachkommen zu schätzen. Regisseur Davy Chou, dessen eigene Wurzeln nach Kambodscha reichen, lernte ein ähnliches Schicksal und die damit verbundene Bitterkeit über eine Freundin kennen. Jetzt hat Davy Chou die Newcomerin Park Ji-Min in eine Rüstung aus Haltlosigkeit und Traurigkeit gesteckt, aus der diese nur ganz zaghaft wieder herausfindet.
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