Golden Door

Drama, Italien/Frankreich/Deutschland 2006, 120 min

Wie sieht das Land der Verheißung aus? Das erträumte Land der Erlösung aus Armut und Hunger, trockenem Boden und allmächtigen Herren. Von diesem „Amerika“ erzählt man sich unter den Bauern in der sizilianischen Provinz nämlich allerhand wundersame Geschichten, so sprießen dort angeblich mannshohe Pilze aus dem Boden, Karotten haben die Größe von Kanus, in den Flüssen fließen selbstverständlich Milch und Honig, während sogar Geld in Talern so groß wie Pizza von den Bäumen fällt wie reife Äpfel. So ähnlich erträumten sich die Menschen jener Alten Welt des 19. Jahrhunderts die Neue Welt. Die Verheißung Amerika. Aus der Reise armer Sizilianer in jene Neue Welt formt der römische Regisseur Emanuele Crialese einen spröden mythischen Bilderbogen. »Golden Door« erhielt bei den Filmfestspielen in Venedig 2006 den Silbernen Löwen.
In den 100 Jahren zwischen 1876 und 1976 wanderten 26 Millionen Italiener nach Amerika aus. Die mühevolle und wochenlange Anreise auf dem Seeweg war weitaus beschwerlicher und bedrohlicher, als man sich heutzutage vorstellen mag. Eine ungefähre Ahnung davon gibt der italienische Regisseur Emanuele Crialese (»Lampedusa«) in seinem vierten Spielfilm »Golden Door«, der von einer sizilianischen Familie zu Beginn des 20. Jahrhunderts erzählt, die ebenfalls den Entschluss fasst, Italien zu verlassen und ins gelobte Land aufzubrechen.
Familienvater Salvatore (Vincenzo Amato) glaubt an jene Geschichten und verkauft seine besten Tiere - am Tag drauf bricht er mit den beiden Söhnen und seiner Mutter auf. An Bord des hoffnungslos überfüllten Dampfers findet die Familie ein Plätzchen unter Deck. Die Massenschlafsäle mit unzähligen Etagenbetten und bescheidenen Lichtverhältnissen ähneln eher Legebatterien als einem Kreuzfahrtschiff. Auf den ersten Blick auch äußerst wohlhabend, erscheint die geheimnisvolle englische Dame Lucy (Charlotte Gainsbourg), die mit blassem Teint, feiner Tracht und blauem Pferdewettrennen-Hut die Reling entlang schwebt und dem schüchternen Salvatore und seinen Söhnen schöne Augen macht. In der Neuen Welt angekommen, müssen die Neuankömmlinge hunderte von Tests und medizinischen Untersuchungen bestehen, um die „golden door“, die Tür in die Freiheit passieren zu dürfen. Wer wird die Tests schaffen, wer muss die Reise zurück antreten?
Auf was müssen Menschen verzichten, um eine Neue Heimat zu gewinnen? Kann es überhaupt eine neue Heimat geben? Auf unsentimentale Art und Weise erzählt »Golden Door« genau von diesen großen Fragen und vermag seinem Drama Leben einzuhauchen. So entwickelt sich der durchweg nüchterne und durch seine schonungslosen Bilder beeindruckende Film zu einem wahren Drama des Lebens. Eine entwurzelte Reisegruppe, die in eine unbekannte Zukunft aufbricht…
ak