Utopia Ltd. - 1000 Robota

Dokumentation, Deutschland 2010, 94 min

Die Vorstellung, dass Zwerge auf den Schultern von Riesen mehr sehen als diese, ist der Band 1000 Robota fremd. Die drei Jungs im Abituralter fühlen sich selbst wie Riesen. Sie wollen alles sein: Punk, rebellisch, unangepasst, und sie wollen Kunst machen: „Entstehung verursachen und nicht erinnern“. Der Dokumentarfilm »Utopia Ltd.« begleitet Anton, Basti und Jonas über zwei Jahre lang. Erste Erfolge mit „Hamburg brennt“ spornen die Jungs an, sie haben einen Plattenvertrag und arbeiten im Studio an den Songs. Doch bald gibt es Knatsch mit dem Label Tapete Records, die anschließende Tour läuft nicht optimal, und Geld haben die drei nicht mal für vernünftige Zimmer - sie nächtigen unterwegs in Jugendherbergen.
Der Bandleader Anton erläutert zu Anfang des Films: Man hebe sich ab von den Massen, die robotermäßig ihr Leben verbringen. Das soll sich auch im Bandnamen zeigen. Wer ostdeutsch sozialisiert ist und an das Tschechisch-Slowakische robota für (Fron-)Arbeit oder das russische rabota für Arbeit denkt, liegt hier nur bedingt richtig. Die Herkunft der Musiker ist Hamburg, alle drei aus gutbürgerlichem Hause, und ab und an rutscht ihnen auch mal der Wunsch raus, mit einer Ausbildung was „Handfestes“ zu haben.
Bei aller Bereitschaft, der Jugend ihren Hochmut zu gönnen - teilweise touchieren die Aussagen der drei die Schmerzgrenze. Im Laufe des Films werden sie jedoch geerdet, sie müssen Realitäten annehmen und erkennen, dass die Welt komplexer ist, als ihnen lieb ist. Da gibt es das Musik-Business, in dem eine junge Band mit zweifellos interessanter Musik plötzlich Gegenstand eines Medienhypes wird und feststellen muss, dass sie auf die Berichterstattung keinen Einfluss hat: Die Musiker fühlen sich unverstanden. Auch den Labelchef finden sie spießig, weil der mit ihrer Musik Geld verdienen will, um seine paar Angestellten zu bezahlen.
Das Verdienst der Regisseurin Sandra Trostel ist es, aus diesem Stoff - drei picklige Jungs mit Hang zur Selbstüberschätzung - einen sehenswerten Film zu machen. Die Konzertmitschnitte fangen die wilde und energetische Atmosphäre der Auftritte exzellent ein, hier wandelt sich jugendliche Leidenschaft ungefiltert in kompromisslose Musik. Die Songtexte sind um ein vielfaches besser formuliert als viele der Sätze, die ansonsten im Film gesprochen werden. Hier wird klar, wie die Band den Status erlangen konnte, den sie hat oder damals hatte: die neue Hoffnung am Musikhimmel, nach Erfolgsbands wie Tocotronic oder Die Sterne. Aber manchmal sind sie auch einfach nur stolz wie kleine Jungs, die was Tolles gebaut haben. Dann wird während der Tournee zu Hause angerufen: „Papa, wir sind gleich bei Arte Tracks im Fernsehen!“
Petra Wille
Petra Wille

Buch: Sandra Trostel, Thies Mynther

Regie: Sandra Trostel

Darsteller: Anton Spielmann, Jonas Hinnerkort, Sebastian Muxfeldt

Kamera: Lilli Thalgott, Sandra Trostel

Musik: 1000 Robota, Thies Mynther

Produktion: Tiny Terror Prod., Ruhe Bitte! Filmprod., Sandra Trostel, Ilonka Szokola

Bundesstart: 12.05.2011

Start in Dresden: 12.05.2011

FSK: ab 6 Jahren