White Night Wedding

Drama, Island 2008, 96 min

Was könnte es Schöneres geben, als unter der Mittsommernacht zu sitzen und am Ende der bewohnbaren Welt einen Toast auszubringen auf den Architekten des Himmelszelts, während der Schnaps in Strömen fließt? Eine Hochzeit! Eben genau da! Jon ist Literaturprofessor und will an diesem Morgen heiraten. Vor geraumer Zeit hatte er sich aus Reykjavik zurückgezogen. Seiner Frau, seiner vorigen Frau Anna wegen. Ihr ging es nicht gut und so zogen sie auf die Insel Flatey. Mit Borkur, der nicht mehr alle Tassen im Schrank hat, will Jon dort einen Golfplatz anlegen. Weil die Insel zu klein ist, geht das Grün nur über neun Löcher, Kirche und Friedhof eingeschlossen. Die Golfbälle von den Gräbern einsammelnd, flucht der Pfarrer, denn nun soll er Thora und Jon miteinander vermählen… Es dauert einen Moment, ehe der Zuschauer die kunstvoll verwobenen Szenen lernt auseinander zu halten. Denn Regisseur Baltasar Kormakur, der wie in »101 Reykjavik« Hilmir Snaer Gudnason mit der Hauptrolle betraut, erzählt beide Geschichten abwechselnd auf eine sehr raffinierte Art und Weise. Schulweisheiten hatte Jon gepredigt, von der Liebe und ihrer Bedingungslosigkeit. Thora erkennt ihn sofort wieder, als er sich mit seiner seltsamen Frau auf Flatey ansiedelt. Einer Rothaarigen, die mit den Seeschwalben spricht. Es scheint, als sei die Ehe von Jon und Anna wie ein zu eng gewordenes Gefäß einfach zersprungen. In besagter Mittsommernacht betrinkt sich Jon jedenfalls mit seinem besten Freund Sjonni. Doch eher Zweifel und Sorgen füllen deren Gläser, denn die Schwiegermutter in spe verlangt zuerst die Begleichung von Jons Schulden. Und dann ist Jon sich auch nicht sicher, ob Thora ihn retten kann. Und gerettet werden muss er. Denn die Geschichte läuft hinaus auf ein literarisches Drama von Tschechow (Iwanow), an dessen Ende der Held zuletzt sehr verzweifelt ist.