Cairo Time

Drama, Kanada/Irland/Ägypten 2009, 90 min

Für die syrisch-kanadische Regisseurin Ruba Nadda ist »Cairo Time« eine „unwestliche Liebesgeschichte“. Das Besondere sind seine Atmosphäre und sein ganz eigenes Tempo, wie der Titel bereits andeutet. Nicht schnell und atemlos wie in einer Teenie-Romanze, sondern etwas gereifter (es geht um zwei Menschen um die 50). Die Geschichte hat gewisse Ähnlichkeiten mit »Lost in Translation«, mit dem der Film gerne verglichen wird. Der leicht schwebende Zustand der Protagonisten und das lange Warten in Hotels ist den beiden jedenfalls gemein.
Juliette (Patricia Clarkson) reist nach Kairo, um ihren Mann Marc zu treffen, der für die UN in Gaza arbeitet. Da dieser aber auf unabsehbare Zeit dort nicht weg kann, wird sie von seinem ehemaligen Mitarbeiter Tareq (Alexander Siddig) abgeholt. Tareq führt ein Café „nur für Männer“, das findet die Amerikanerin sehr merkwürdig. Die beiden verbringen immer mehr Zeit miteinander und erkunden die Stadt. Das ist eigentlich auch schon die ganze Geschichte, das Sehenswerte spielt sich in den Blicken, den Unterhaltungen der beiden ab. Sie sind sich sehr nahe gekommen, haben sich neugierig in das jeweils andere Leben geschlichen und sich dort umgesehen, sie haben kulturelle Unterschiede festgestellt und diskutiert, und beide auch überhebliche Meinungen korrigieren müssen. Juliette überlegt zwischendurch sogar, nach Kairo zu ziehen und dort ein Café nur für Frauen zu eröffnen. Tareq gefällt dieser Plan.
Der Blick auf das vor-revolutionäre, eher alltägliche als touristische Kairo ist liebevoll, aber nicht unkritisch (die Männer, die blonde Frauen obszön ansprechen, werden nicht ausgespart). Tareq ist ein gebildeter Mann, der nie die Ruhe verliert und es gut verkraftet, dass Juliette ihn im eigenen Café beim Schachspielen besiegt. Sie hingegen ist anfangs überrollt von der Hitze und Schnelligkeit der Stadt, und die Ungewissheit, wann sie ihren Mann treffen wird, macht sie zusätzlich angespannt. In anderen Momenten erlebt sie in der Moschee Ruhe und Einkehr, ist von ihrer Schönheit und Größe ergriffen und kann diesen erhabenen und emotionalen Moment genießen. Es ist wunderschön, diesen beiden Menschen bei ihrer Annäherung zuzuschauen: mit Juliette den attraktiven Tareq kennenzulernen und mit Tareq Juliette beim Entdecken einer für sie völlig fremden Kultur zu beobachten.
Petra Wille