Die Reise des Personalmanagers

Drama, Israel/Deutschland/Frankreich 2010, 104 min

Roadmovies sind Selbstfindungsfilme, klar. Wer sich wie findet, hängt von der Route und den Protagonisten ab. Auch die Fahrzeuge sind wichtig - und die Requisiten natürlich. Die Geschichte des israelischen Personalmanagers ist ganz schön turbulent. Eigentlich hat er schon genug Probleme - Alltag halt: Er lebt in Trennung, hat keine Zeit für die Tochter und einen Job, der ihn nicht glücklich macht. Aber was dann passiert, ist wirklich Ausnahmezustand, zunächst weniger für ihn persönlich, als für die Großbäckerei, bei der er beschäftigt ist: Bei einem Bombenanschlag kommt eine ausländische Angestellte ums Leben. Ihr Fehlen hat nur keiner bemerkt, was für die Medien ein gefundenes Fressen ist: „Menschen verachtendes Verhalten der größten Bäckerei der Stadt“ wird getitelt. Nun muss es der Personalmanager richten. Er soll die Leiche in die osteuropäische Heimat der Frau begleiten und für ein würdiges Begräbnis sorgen.
Der neue Film von Eran Riklis (»Die syrische Braut« & »Lemon Tree«) hat vielleicht nicht ganz die emotionale Kraft der Vorgänger, doch viele kleine wunderbare Momente. Stück für Stück wird eine Leiche namens Yulia aus einem unbekannten, verschneiten Land zu einer Person, für die der Personalmanager etwas zu tun bereit ist. Auch wenn er per Telefon seiner Frau und Tochter immer wieder versichert, er sei sehr bald zurück, fährt er doch immer weiter hinein ins Land, trotz aller Widrigkeiten: Er muss Yulias Sohn finden, einen zunächst schrecklich widerspenstigen, aggressiven Jungen. Danach fällt erst der Fahrer des alten Barkas wegen Trunkenheit, später der Barkas selbst wegen Altersschwäche aus, der Manager selbst wird krank, und zu allem Überfluss hat er von Beginn an einen Journalisten an der Backe, der aus all dem eine gute Story machen will.
Der Spruch „Umwege erweitern die Ortskenntnis“ wird hier im globalen Sinn wahr. Es geht natürlich nicht darum, dass der Israeli sich nun besser in einem nicht näher spezifizierten osteuropäischen Land auskennt, sondern der Frage nachgegangen ist, wo die Heimat der Immigrantin denn nun eigentlich war. Und was Heimat ausmacht, wer bestimmt, was Heimat ist. Darf so etwas ein Arbeitgeber festlegen? Am vermeintlichen Ende ist er nämlich doch noch nicht am Ziel: Im winzigen Dorf, zusammen mit der alten Mutter und dem Sohn von Yulia auf einer Bank, versteht der Personalmanager noch ein bisschen mehr von der unbekannten Toten.
Petra Wille