Lord of War - Händler des Todes

Action, USA 2005, 123 min

Als hätte Nicolas Cage nicht bereits alles bittere Elend dieser Welt versucht aus seinem Kopf zu saufen, zu schießen oder heraus zu operieren; jetzt ist er ganz unten angekommen. Tiefer kann ein Mann nicht mehr hinabsteigen. Sein gebürtiger Ukrainer, Juri Orlow, ist Geschäftsmann in einer Branche, wie sie sich selbst der alte Karl Marx vor 140 Jahren nicht hat träumen lassen, als er Thomas Dunnings Satz über die Risikobereitschaft des Kapitals zitierte: “20 Prozent (Profit), es wird lebhaft;…, für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens.“ Für den Waffenhändler Juri Orlow und dessen Bruder Vitali klingt die Vorstellung von einem Galgen genauso altmodisch, wie Geschäfte mit läppischen 300 Prozent Gewinn unrentabel erscheinen. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat sich nicht nur das Kräftegleichgewicht von Gut und Böse gewandelt, es gilt seither auch jene unbeschreiblich große Menge an Waffen neu zu verteilen. Angesichts der Tatsache, dass auf unserem Planeten für jeden zwölften Erdenbewohner ein Gewehr vorhanden ist, lautet Juris Geschäfts-Devise: “Das Problem besteht darin - Wie bewaffne ich die anderen elf?“
Regisseur und Drehbuchautor Andrew Niccol verwendete immerhin 50 Millionen von guten Dollars, um der Welt zu zeigen, wie sie aussieht. Die tiefsitzende, innere Zerrissenheit eines echten Lord of War. Wie er kein einziges Wort seiner Frau erzählen kann von den erfolgreichen Geschäftsabschlüssen und dass der eigene Bruder immer wieder an Juris Tun zweifelt. Wie er sich mehr und mehr in acht nehmen muss vor der übermächtigen Konkurrenz und vor einem ebenbürtigen Gegenspieler bei Interpol. Ein Typ namens Jack Valentine ist ihm dicht auf den Fersen. Und zu allem Überfluss muss Juri auch noch eigenhändig dafür sorgen, dass nicht zuviel Kriegsspielzeug im Zimmer seines Sohnes herumliegt. Was kann man von einer Ehefrau erwarten, die früher Model war und jetzt eine erfolglose Schauspielerin ist. Jedenfalls nicht die von Juri so dringend erwünschte Unterstützung. Dabei braucht er sie, er will ernsthaft aussteigen, denn Juri ist dem Druck nicht mehr gewachsen. Zu gern möchte er “ein ganz normaler” Geschäftsmann sein. Doch das Böse ist stärker und seine Entziehungsskur schlägt fehl. Für den nächsten Deal setzt Juri alles aufs Spiel, seine Ehe, das Leben seines Bruders Vitali, selbst das eigene Leben. Er verliert viel, wovon er glaubte es zu besitzen. Doch Juri Orlow bekommt am Ende nicht, was er verdient. Er sitzt nicht brennend in einem Rollstuhl und fährt damit immerzu im Kreis, auf dem Weg in die verdiente Hölle. Nein. Für diese Schluss-Szene (seit Kusturicas »Underground« der einzig zulässige Abgang für Waffenhändler) fehlte wohl am Ende das Geld.
C. Fredo