Ummah - Unter Freunden

Drama, Deutschland 2012, 108 min

Daniel (Frederick Lau) will neu anfangen. Er war Ermittler des Verfassungsschutzes, hat aber einen Auftrag in den Sand gesetzt und dabei Menschen getötet. Mit ein paar Hundert Euro kommt er nach Berlin-Neukölln. Beim Kauf eines TV-Gerätes lernt er Abbas (Kida Khodr Ramadan) und Jamal (Burak Yigit) kennen. Die drei freunden sich an. Daniel lernt, wie Muslime leben, erlebt ihre Gastfreundschaft, sieht entsetzt, wie viele von ihnen häufig auf Grund des Aussehens von der Polizei diskriminiert werden und muss erfahren, warum eine Flasche Sekt zu einer Hochzeit eine schlechte Idee ist. Schließlich verlangt sein ehemaliger Vorgesetzter (Robert Schupp) von ihm, seinen neuen Freunden etwas anzuhängen, um von einem internen Problem abzulenken. Daniel weigert sich aber und geht mutig auf volle Konfrontation, indem er sein Insiderwissen öffentlich macht.
Regisseur Cüneyt Kaya hat sich viel vorgenommen: Er schickt seinen Protagonisten Daniel mitten rein in die türkisch-arabische Community. Er will die „Ummah“, die muslimische Gemeinschaft, realistisch zeigen, ohne dabei Vorurteile zu reproduzieren. Dabei will er weg von Taliban, Kopftuchzwang und Jugendgewalt und nach eigenen Worten „eine realistische, kritische und auch humorvolle Perspektive“ gegenüber der muslimischen Kultur in Deutschland einnehmen. In seinem Film gibt es also gläubige, strenge Muslime, weniger strenge und sehr herzliche. Diese Szenen in der dem Regisseur vertrauten Community gelingen sehr flüssig und authentisch. Es ist zu merken, dass Kaya dort herkommt, die Szene kennt und genau hinschaut. Die Schauspieler tragen einen großen Teil dazu bei, die Differenziertheit der Gemeinschaft in wenigen Personen widerzuspiegeln.
Kaya entkräftet so viele Assoziationen und Klischees zu einem notorisch bekannten Bezirk wie Neukölln und seinen muslimischen Einwohnerinnen und Einwohnern. Wer an die „Kopftuchmädchen“ von Thilo Sarrazin dachte, wird einen Gegenentwurf finden. Auch die Gewalt aus »Knallhart«, dem drastischen Film von Detlev Buck, kommt nicht vor. Somit gerät der Blick auf die Community fast schon zu harmonisch, während die Geschehnisse rund um den Geheimdienst dramaturgisch nicht immer ganz überzeugen.
Petra Wille