Lovely Louise

Manche Männer wohnen ihr Leben lang bei Mutti. In einer Art symbiotischen Falle, wo sich eherne Vorwürfe und praktische Vorteile solange die Waage halten, bis…, ja bis eine andere Frau in Sohnemanns Leben tritt. Oder in Muttis Leben ein anderer Sohn. Kurz, hier passiert beides. Etwa zur selben Zeit, als der pantoffelfarbene Mittfünfziger André endlich seiner schönen Wurstverkäuferin vom Modellflugplatz zu verfallen droht, taucht aus Amerika der weltgewandte Bill auf und plötzlich müssen beide Söhne Mutti Louise erklären, wo sie solange waren. Bei André handelt es sich ja nur um letzte Nacht, Bill dagegen war schon sein halbes Leben lang nicht mehr daheim, granzelt die 80-jährige Dame, und während der Taxifahrer noch verarbeiten muss, dass er einen wohlhabenden Amerikaner zum Bruder hat, hofiert dieser bereits Frau Mama. Als sei die Zeit ein wenig stillgestanden seit Bettina Oberlis »Herbstzeitlosen«, darf die Wiener Burgtheater-Legende Annemarie Düringer noch mal den Seniorenpart übernehmen, hier nun vom Alter verbittert und bis an die Zähne bewaffnet mit egoistischen Vorwürfen. Den Part der großen Schauspielerin, die eine Hollywood-Karriere wegen ihres Sohnes aufgab, beherrscht die Düringer im Schlaf. Das Leben ihrer lieblichen Louise gerät gehörig durcheinander, als Bill, der Hollywood-Seitensprung, seine Pantoffeln zwischen die der Mutter und des Halbbruders stopfen will. Für André ist es die Gelegenheit seines Lebens. Wenn es ihm gelingt, in Bill nicht bloß den Nebenbuhler zu sehen, sondern ihm ganz unbemerkt den Mühlstein um den Hals zu hängen, der ihn selbst bisher am Auszug hinderte, dann steht seiner späten Blüte fast nichts mehr im Wege.
alpa kino