I Used to Be Darker

Drama, USA 2013, 90 min

Also, zu Beginn gehören fünf Taler ins Phrasenschwein; ein guter Song ist wie Kopfkino. Aber gleich holen wir sie wieder raus. Hier ist es nämlich genau umgekehrt. Dieser Film ist wie ein guter Song. Sparsame Instrumentierung, eingängiges Notenbild und die sorgfältig gesetzten Zeilen suchen ihresgleichen. Das Intro ist schmal; Taryn schmeißt den Ferienjob in Wales und schlägt, frustriert von einem Flirt, bei ihrer Cousine Abby in Baltimore auf. Bad idea, bad timing. Abbys Eltern, Kim & Ned, trennen sich gerade. Sie, ambitionierte Singer/Songwriterin, er, frustrierter Ex-Singer/Ex-Songwriter sind beide irgendwie im Arsch. Doch Taryn nicht viel weniger. „Ruf deine Mutter an, in Nordirland,“ heißt es in der ersten Strophe mit Nachdruck, „wenn du schon seit 2 Monaten von zu Hause abgehauen bist. Und erzähl ihr auch gleich, dass du schwanger bist, Taryn!“ Wäre das stille Mädchen wie ihr Onkel Ned verschlossen, aber begabt, würde sie wohl auch ein Lied daraus machen. Seine Strophe wird begleitet von dem heftigen Geräusch splitternden Gitarrenholzes: „Sag deinem neuen Ficker, er soll mir nicht die Hand geben, wenn er in mein Haus kommt, um deine Sachen abzuholen, Kim“. Leise prallen verschiedene Verzweiflungen aufeinander. Aber immer anständig. Regisseur Matt Porterfield mag die ehrliche Traurigkeit, die auf manchen Gesten liegt. Gebrochen klingen die Akkorde, ein halbes Dutzend Töne, langsam angeschlagen, damit man Zeit hat, auf die Schwingungen zwischen jedem einzelnen zu lauschen. Dazwischen ein paar Sonnenstrahlen. Ned und Kim verarbeiten ihren Kummer in Liedern und sorgen damit für zwei herausragende Soli im Mittelteil. Ned Oldham (Will's Bruder, ja!) bekam den knuffigen Part, zweifellos hat er ihn verdient, aber auch die großartige Sängerin Kim Taylor (Over The Rhine) erwärmt mit ihrem leichten Spiel immer wieder das Geschehen. Wenn auch sie in Strophe drei barmt „Taryn, bring deiner Cousine bei, dass ihre Mutter sich fürchterlich grämt, weil der einzige Mensch, für den sie sterben würde, kein Wort mehr mit ihr spricht“, möchte man der versammelten Familie einfach nur den Kopf waschen. Oder sie alle in den Arm nehmen - nicht schlecht - und danach zur Gitarre greifen und gemeinsam singen. Sehr gut.
alpa kino