7. Juni 2013

»Shootout - Keine Gnade«

Stallone ist wieder in der Stadt!
»Shootout - Keine Gnade«
Oder, um es mit den Worten von Alex aus »Uhrwerk Orange« zu sagen: „Das heizt einen an und ist genau richtig, wenn man Bock hat auf ein wenig Ultrabrutale.“

Nicht viele Schauspieler trauen sich, noch mit 66 in einem Actionfilm die Hauptrolle zu übernehmen. Für einen Recken wie Sylvester Stallone jedoch stellt »Shootout« wahrscheinlich lediglich eine Verschnaufpause bis zum nächsten »Expendables«-Teil dar, bei dem in den ersten fünf Minuten mehr zu Bruch geht als hier während eineinhalb Stunden Laufzeit. Wenn dies Absicht war, um die Konzentration des Publikums auf den Inhalt zu lenken, so ist es gelungen – allerdings nicht unbedingt zum Vorteil für einen positiven Gesamteindruck. Wiederum: Mit Genre-Urgestein Walter Hill auf dem Regiestuhl, Stallone in der Rolle eines Killers auf Rachefeldzug und Jason »Conan« Momoa als Gegenspieler, sind die notwendigsten Zutaten eigentlich schon beisammen.

Moment: Walter Hill? War das nicht? Ja, genau: »Nur 48 Stunden«, »Red Heat«, »Last Man Standing« oder die TV-Serie »Deadwood«: Quasi im Alleingang machte Hill in den 1980ern das so genannte Buddy-Movie populär, bevor er Ende der 90er seine Vorliebe für Westernoptik und ambivalente Charaktere entdeckte. Beides kommt nun ebenso in »Shootout« zum Tragen, wenn auch nicht so perfekt, wie man es sich vielleicht erhofft hat. Das liegt größtenteils am überschaubaren Plot: Stallones Jimmy Bobo verdient sein Geld als Auftragskiller. Nach der Ermordung seines Partners kennt er nur noch ein Ziel: Rache. Dabei erhält er unerwartete Hilfe vom Polizisten Taylor Kwon (Sung Kang), der ebenfalls einen Mord aufklären will. Als beiden klar wird, dass sie denselben Mann suchen, raufen sie sich trotz ihrer unterschiedlichen Ansichten von Recht, Ordnung und Verhörmethoden zusammen und arbeiten fortan mit allerlei Kollateralschäden zielstrebig an ihrer Vendetta.

„Zielstrebig arbeiten“ war wohl auch die Vorgabe für Autor Alessandro Camon (immerhin Oscar-nominiert für das großartige Drama »Messenger – Die letzte Nachricht«): Ohne doppelten Boden, falsche Fährten oder überraschende Wendungen lässt er sein ungleiches Duo von Bösewicht zu Bösewicht tapsen, bis sie beim Alphatier und dessen Schießverein ankommen. Dass sie den ungezogenen Kerl auch ohne die überflüssige Entführung von Bobos Tochter (Sarah Shahi) besucht hätten, soll da mal nicht weiter kommentiert werden. Schließlich darf die hübsche Lady vorher noch einmal baden, wobei es natürlich auch was zu gucken gibt. Hui!

Daher die Frage: Worüber rege ich mich hier eigentlich auf? Letztendlich hat Regisseur Hill nur das abgeliefert, was die Verpackung versprochen hat: Einen grummelnden Stallone, ordentlich Krawumm, einen „bad guy“ mit, naja, teuflischen Plänen sowie hier und da ein paar amüsante Dialoge zwischen Hand-Werker Bobo und seinem Vorschriftsliebenden Partner mit Gewissensbissen Kwon. Ergo alles drin, was es schon vor 20 Jahren in Stallone- und Walter-Hill-Filmen zu sehen gab.

Warum »Shootout« trotzdem ein Kinoticket wert ist? Zum einen wegen der (unfreiwillig) komischen Sammlung an Fahndungsfotos des Herrn Stallone, die offenbar mangels brauchbarer Originale dilettantisch am Heim-PC des dritten Regieassistenten zusammengesetzt wurden. Zum anderen wegen Hills Chuzpe, einen solchen mit Abziehbildern, Vorhersehbarkeit und Gewalt vollgestopften Streifen im Jahr 2013 vorzulegen. Während andere mit Neuverfilmungen wie »Red Dawn« oder eben »Conan« verzweifelt versuchen, den „Geist der 80er“ (so dieser denn existiert) wieder aufleben zu lassen, präsentiert »Shootout« dank zweier Originale – Hill & Stallone – zumindest ansatzweise, wie einfach die Welt einst zu erklären und zu befrieden war. Danke dafür!
Csaba Lázár