5. September 2008

Anstelle eines Nachrufes

Ulrich Mühe
Anstelle eines Nachrufes
Es ist nicht viel, aber eines, das kann ich voller Stolz behaupten, hatten wir gemeinsam, wir spielten in unserer Laufbahn die Rolle des „Euphorion“ im FAUST II. Er das Publikum zu Tränen hinreißend in Karl Marx Stadt, ich ein paar Jahre später ohrenbetäubend und so manchen die Hände an die Ohren reißend am Staatsschauspiel in Dresden. Begegnet sind wir uns aber nur einmal, zur Dresdner Premiere von das „Leben der Anderen“. Zeit für ein kleines privates Gespräch blieb, Zeit für ein umfassendes Interview hatten wir beide nicht, warum auch? Das hätte man ein anderes mal genau so gut nachholen können. Ein anders Mal gibt es nun nicht mehr. Viele sagen, er ging auf dem Höhepunkt seiner Karriere, aber wer kann sich schon anmaßen, den Höhepunkt seiner Karriere festzulegen? Ulrich Mühe ist mit dem „Leben der Anderen“ auf einem großartigen filmischen Höhepunkt seiner Karriere gestorben und das macht um so trauriger, als dass uns nun eine Reihe weiterer phantastischer Filme mit ihm verwehrt bleiben. Mit ihm fehlt uns und der Welt einer der größten deutschen Schauspieler, der neben seiner unglaublichen schauspielerischen Qualität eine offene und ehrliche menschliche Wärme besaß wie kein zweiter. Lieber Ulrich, eines kann uns aber 100 pro gewiss sein, wer mit George Tabori und Ingmar Bergman abtritt, ist sicherlich wie Euphorion befürchtete „im düstren Reich“ nicht allein und schon gar nicht an besagtem Orte.

Dr. Kurt Hanuschke, September 2007