Im Labyrinth des Schweigens

Drama, Deutschland 2014, 123 min

Der Krieg ist aus, die Nürnberger Prozesse durchgestanden und trotzdem wohnen und arbeiten in Deutschland die Täter, Mitwisser, Opfer und die schweigende Masse jahrzehntelang Tür an Tür. Man mag sich den süßlichen Kellergeruch gar nicht vorstellen, der in jener Zeit immer hübsch jovial mit einem Gemisch aus Wirtschaftswunder und Korpsgeist vertrieben wurde. Als 1958 dem jungen Staatsanwalt Johann Radmann (Alexander Fehling) von dem umtriebigen Journalisten Gnielka einer der zahllosen Auschwitz-Verbrecher quasi auf dem Tablett serviert wird, ahnt der noch nicht, dass sich fortan sein Leben und das Land ändern werden. Im Gegenteil, Radmann, der in nichts als in alliiertem Straßenverkehrsrecht etwas Berufserfahrung besitzt, hat noch nie von den polnischen Vernichtungslagern gehört. Mit wachsendem Entsetzen teilt er Gnielkas Zorn wie auch seine empörte Verwunderung über das Stillschweigen im Land. Einfach in Frankfurt/Main bei Gericht zu erscheinen und einen unbescholtenen Bürger als mehrtausendfachen Mörder anzuzeigen,… ja, das wäre ja noch schöner! Was Gnielka nicht gelingt, fällt Radmann erstmal genauso schwer. Je mehr sich der junge Jurist in den angeblichen „Mord-Fall“ zu vertiefen sucht, desto stärker schlagen ihm dumpfer Widerstand und eine schwammige Angst entgegen. Die Einen haben sich eingerichtet und wollen bleiben, die Anderen reißen schon seit Jahren vor der Wahrheit aus. Doch Radmann bekommt die Erschießungslisten in die Hände, die ein Überlebender einst als Souvenir mitgenommen hatte. Höß-Adjudant Mulka und Pohl-Adjudant Baer sowie noch zwei Dutzend andere Auschwitz-Täter werden 1963 in Frankfurt vor Gericht gestellt. Ehe aber die Verlesung der 700 Seiten Anklageschrift beginnen kann, müssen Tausende von Zeugenbefragungen durchgeführt werden. Dass mit Fritz Bauer (Gert Voss) ausgerechnet ein Sozialdemokrat als Generalstaatsanwalt in Hessen fungiert, der den jungen Radmann mit der Aufklärung beauftragt und unterstützt, gilt als historischer Glücksfall. Die Mauern des Schweigens hätten womöglich noch viele Jahre länger standgehalten.
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