National Gallery

Dokumentation, Frankreich/USA 2014, 181 min

Ein Gemälde…, versuchen Sie mal ein Gemälde länger als eine Minute zu betrachten. Eine Minute ist eine lange Zeit. Für ein paar ordentliche Gedanken ist sie aber viel zu kurz. Bedenkt man, welche Mühen und Kosten allein in einem Werk stecken, abgesehen von seiner Bewahrung, Restauration und Präsentation, bestürmt einen dieses vage, ehrfurchtsvolle Schuldgefühl. Und es wächst noch, bekommt man eine Ahnung vermittelt, welches Maß an Kulturgeschichte, Religion, Mathematik, Politik, Symbolik oder Naturwissenschaften überhaupt in jener „Kunstform des Augenblicks“ verborgen ist. Ein wenig Abhilfe schafft diese „bildgewaltige“ Dokumentation mit ihrem dreistündigen Besuch in einer der bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt. Hervorgegangen 1824 aus der Sammlung eines russischen Bankiers, umfasst der aktuelle Bestand der National Gallery London ca. 2.300 Gemälde, deren ständige Ausstellung bei freiem Eintritt am nördlichen Ende des Trafalgar Squares zu sehen ist. Ca. 5 Millionen Menschen werfen ihre Blicke jährlich auf die Vermächtnisse Holbeins, Rembrandts, Rubens’, Da Vincis oder Velázquez’, Renoirs, van Goghs oder auf die eines William Turner. Die Kamera beobachtet außerdem Kunstgeschichtskurse, Zeichenkurse, beleuchtet hinter den Kulissen Verwaltungs- und Öffentlichkeitsarbeit ebenso wie den weitaus größten Teil aller Arbeit am Gemälde; die Restauration. Und so treiben Rembrandts um 90 Grad gedrehtes Reiterporträt, Bellinis geheimnisvolle Holzfäller, Holbeins verzerrter Totenschädel, versteckte oder offene Geheimnisse und zufällige Entdeckungen noch lange des interessierten Betrachters Gedanken voran. Länger als eine Minute.
alpa kino

Regie: Frederick Wiseman

Kamera: John Davey

Produktion: Idéale Audience, Gallery Film LLC, Pierre-Olivier Bardet, Frederick Wiseman

Bundesstart: 01.01.2015

Start in Dresden: 01.01.2015

FSK: o.A.