Ich seh, Ich seh

Drama/Horror, Österreich 2014, 100 min

Das Grauen steckt zwischen Dunkel und Licht gefangen. Und frisst am Herzen. Wenn die Augen etwas sehen, wofür das Gefühl blind ist. Zwei 9-jährige Zwillingsbrüder warten auf die Rückkehr ihrer Mutter. Allein in einer Hightech-Villa mitten in der Natur. Wo sonst. Bei Tag lassen Elias und Lukas ihrem kreativen Spürsinn freien Lauf, spielen ein wenig »The children of corn«, stöbern alles auf, was lebt, krabbelt oder sich vor ihnen versteckt. Bei Nacht ziehen sie sich zurück und spielen den Gutenachtgruß ihrer Mutter vom Band, lauschen ihrer Stimme und ersehnen deren Rückkehr. Die TV-Moderatorin ließ sich ihr Gesicht neu machen und kehrt nach überstandener Schönheits-OP mit bandagiertem Kopf zurück. Diese Ausgangsidee spürte Drehbuchautorin Veronika Franz, Ehefrau von Ulrich Seidl, bei einem Reality-TV-Format auf. Sie sah, wie der Schrecken in den Gesichtern echter Kinder, nach echten OP-Terminen ihrer Mütter, Einzug hielt ins traute Heim. Das subtile Handwerk brachte sie mit von den Filmen ihres Mannes, nun brauchte es nur noch eine grauenvolle Idee wie; das ist gar nicht unsere Mutter. Elias und Lukas sind vom ersten Moment irritiert. Was, wenn diese gereizte, seltsame Halbmumie eine andere Frau ist. Die sich hier zwar auskennt, aber irgendwie auch wieder nicht. Die Lukas ignoriert, die sich nicht an sein Lieblingslied erinnert und sich überhaupt recht seltsam verhält. Selbst für geübte Liebhaber des modernen Spukfilms wird dieses erstaunlich geschlossen wirkende Spielfilmdebüt zu einer tour de force. Bald schon finden sich Elias und Lukas nicht mehr ab mit der Ungewissheit und stellen die Mutter zur Rede. Sie verliert dabei ihr Gesicht, pädagogisch gesprochen, so dass die Zwillinge fortan frei Hand haben in der Wahl ihrer Mittel. Doch den Täuschungen sollte man hier nicht aufsitzen. Hier ist das Grauen das, was man nicht sieht. Frei nach dem Kinderspiel, welches im Titel annonciert wird. Und in bester Michael Haneke Manier kippt das Kräfteverhältnis so, dass beim Zuschauer die emotionalen Bindungen wechseln.
alpa kino

Buch: Veronika Franz, Severin Fiala

Regie: Veronika Franz, Severin Fiala

Darsteller: Susanne Wuest, Lukas Schwarz, Elias Schwarz, Hans Escher, Elfriede Schatz

Kamera: Martin Gschlacht

Musik: Olga Neuwirth

Produktion: Ulrich Seidl, Louis Oellerer

Bundesstart: 02.07.2015

Start in Dresden: 02.07.2015

FSK: ab 16 Jahren