Kinski Paganini
Mitte der sechziger Jahren findet Klaus Kinski in einer Vitrine, in der Innenstadt Wiens, eine Fotographie und ist erschüttert. Stundenlang betrachtet er einen schwarzhaarigen Mann mit zu langen Armen und zu großen Händen, einem Gesicht verwüstet von Leidenschaft, gekleidet in einen Frack, der aussieht als wäre er dreißig Jahre nicht vom Körper gekommen. Eine Geige und Bogen in der rechten Hand - Paganini!
Klaus Kinski glaubt sich wiederzuerkennen, durchsucht systematisch Bibliotheken, Buch- und Musikalienhandlungen, Antiquariate und Universitäten, verschafft sich Zugang zum Archiv des Vatikans und sammelt alles, was er über Paganini auftreiben kann. Spricht sogar von Re- bzw. Präinkarnation. Sein Römisches Haus gleicht bald einer Personalgalerie. Und, es zeigen sich immer neue Paralellen in beider Leben, z.B. das Bedürfnis ein freier Mensch zu sein, die Sucht nach der Liebe der Frauen und eine unersättliche Lust am Sex. Beide liebten Sie ihren einzigen Sohn abgöttisch. Kinskis Sohn Nanhoi spielt dann auch den Sohn Nicolò Paganini, und Kinski tauft ihn in Nicolai um. Beide haben ein von der Öffentlichkeit zum Skandal aufgebauschtes Leben gemeinsam oder auch die Suche nach neuen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten: Paganini improvisierte seine Musik auf der Bühne (sie wurde zum größten Teil erst nach den Auftritten notiert). Auch Kinski wehrte sich gegen jede Szene in der er nicht improvisieren durfte. Und, immer wieder die Ähnlichkeit der Physiognomien. Es entstand die Idee einen Film auf die Musik Paganinis zu spielen, zu improvisieren.
Somit hat Kinski mit »Kinski Paganini« den ersten Musikclip gestaltet (die ersten amerikanischen kamen zehn Jahre später). Noch einmal musste er 20 Jahre warten. Er versucht Geld aufzutreiben, einen Produzenten zu gewinnen, doch alle Bemühungen scheitern. Inzwischen hat er die Haare lang wachsen lassen und trägt sie schwarz gefärbt. Er lehnt Drehbücher ab, in denen er blond spielen soll. Er will sich alle Zähne ziehen lassen, um durch Teilprothesen ersetzt, den Alterungsprozeß Paganinis darstellen zu können; sein Zahnarzt lehnt ab. Dann, endlich spielt er Paganini, setzt einen Bericht Heinrich Heines um, dass einem der Schrecken kommt. Kinski spielt auf die Interpretation und an der Seite Salvatore Accado’s. Wie er dabei durch Bewegung der rechten Unterlippe erklärt, was er unter Liebe versteht, ist schlicht und einfach genial.
thomas haufe
Buch: Klaus Kinski
Regie: Klaus Kinski
Darsteller: Klaus Kinski, Dalila di Lazzaro, Andre Thorent, Marcel Marceau
Bundesstart: 07.10.1999
Start in Dresden: 28.10.1999