Francofonia

Ein interessanter Gedanke. Wenn während europaweiter Kriegsschlachten einige Menschen ihr Leben riskieren und ihre Körper zum Schutz großartiger Kulturschätze hergeben würden, ließe sich diese Vision zuspitzen im Begriffspaar Arche & Sintflut; Ringsum fällt alles in Schutt und Asche, doch der kulturhistorische Inhalt eines Weltmuseums wie zum Beispiel des Pariser Louvres würde einsam schaukeln auf den Wellen. Vorausgesetzt, die Rettung gelänge. Nicht ganz zufällig nannte der russische Ausnahmeregisseur Alexander Sokurow bereits seinen Film über die Sankt Petersburger Eremitage 2002 »Russian Ark«. Nun betritt der Russe erneut ehrfurchtsvoll eines der größten Weltkultur-Schatzschiffe. Dem Louvre in Paris drohte 1940 die feindliche Übernahme durch die deutschen Piraten sozusagen, und Sokurow beleuchtet die Rettung der versammelten Kostbarkeiten in einer spannenden Meditation über Kunst, Geschichte und über die Idee von der Menschheit. Die drohenden Kriegswirren rufen verschiedene Akteure auf den Plan. Museumsdirektor Jacques Jaujard hatte die Evakuierung bereits 1938 einmal durchexerziert, hatte Schlösser in den französischen Provinzen ausgewählt, die Kunstschätze zu beherbergen. Der Louvre selbst wurde zur Festung ausgebaut, und doch kam 1940 vieles ganz anders als geplant. In diesem Doku-Feature-Albtraum ringen Menschen unter fremder Besatzung um unzählige Quadratmeter bemalter Leinwand, um ein paar Tausend Steinfiguren oder um antike Gefäße, also kurz; um ihre Würde und ihre Geschichte. Als die Hakenkreuz-Piraten den Louvre enterten, als sie versuchten, sich die kulturhistorische Aura eines jedweden Objektes anzueignen, hielten alle gemeinsam den Atem an. Fast alles war bereits „gerettet“. Direktor Jacques Jaujard verhandelte mit dem deutschen Leiter des “Kunstschutzes” Franz Graf Wolff-Metternich auf Augenhöhe und fand in dem Mann so etwas wie einen Verbündeten. Kunstschutz hieß nämlich damals eben genau das: Schutz von Kulturgütern bei bewaffneten Konflikten, nach der Haager Landkriegsordnung. Menschen vereinbarten also, bevor sie daran gingen, sich gegenseitig zu töten, dass sie ihre Kunstschätze beschützen wollten. Wie schön. Und wie absurd.
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