Lou Andreas-Salomé

Doku-Drama/Biographie, Deutschland/Österreich 2016, 113 min

Die 1861 in Russland in aristokratische Verhältnisse hinein geborene Louise von Salomé, später Lou Andreas-Salomé, gebildet und weltoffen, erkennt schon früh die geringen Chancen, die Frauen dieser Epoche haben - und verwirft sie. Kaum erwachsen, geht sie als Studentin nach Rom, verkehrt in intellektuellen Kreisen und begegnet den Philosophen Paul Rée und Friedrich Nietzsche. Dem erotischen Begehren beider Herren erteilt sie eine Generalabsage, besteht aber auf freundschaftlichen Beziehungen. Der junge Nietzsche immerhin kann Lou zu einer Fotografie überreden, auf der sie das Jungphilosophenpärchen vor ihren Karren gespannt hat und mit der Peitsche antreibt, ein Bild, das Nietzsche in seinem Zarathustra mit zwei Sätzen wieder aufgreift, die oft und meist falsch zitiert werden. Tja, das Weib und die Peitsche… Schwer vorstellbar, dass der jungen Frau bewusst war, wie stark die Nachwelt sie auf dieses Foto reduzieren würde. Von Salomés unkonventionelles Leben, ihre Beziehungen zu berühmten Männern der Zeit (weitaus schwerer als ihre Freundschaft zu Nietzsche wog die mehrjährige Affäre mit Rainer Maria Rilke, der ihr die medienträchtige Änderung seines Vornamens verdankt) verdeckt fast vollständig das Werk einer der außergewöhnlichsten Frauen des 19. Jahrhunderts.
Regisseurin Cordula Kablitz-Post zeigt in ihrem Film die wichtigsten Stationen dieses bewegten Lebens, das eine neue aufregende Wendung nimmt, als die gereifte Frau Sigmund Freud kennen lernt. Drehbuch und Regie geben auch den Werken der Autorin Andreas-Salomé ausreichend Raum, ihren Ansichten zu Philosophie, Literatur und Psychoanalyse.
Katharina Lorenz spielt die 20- bis 50-jährige Lou mit beeindruckender Intensität, Liv Lisa Fries und Nicole Heesters verkörpern Andreas-Salomé in jungen Jahren und im Alter. Ein längst überfälliges Biopic über eine ungewöhnliche Frau.
Grit Dora