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Alcarràs - Die letzte Ernte

Drama, Spanien/Italien 2022, 120 min

Alcarràs, im Nordosten Spaniens. Kinder verstecken sich zwischen Obstbäumen, Jugendliche machen Jagd auf Hasen, die Erwachsenen sitzen beieinander, als ein Autowrack, in dem die Kleinen jahrelang spielten, von einem riesigen Kran entfernt wird. Verunsicherung kommt auf. Die Entfernung des Schrottautos markiert den Beginn einer erschütternden Veränderung. Seit Jahrzehnten lebt die Großfamilie Solé inmitten der Plantage. Ihren Lebensunterhalt erwirtschaften die Solés mit dem Anbau von Pfirsichen. Jetzt muss Großvater Rogelio (Josep Abad) den Seinen klar machen, dass das Land, auf und von dem sie leben, nicht ihnen gehört. Während des spanischen Bürgerkriegs hatte die Familie die lokalen Großgrundbesitzer versteckt, zum Dank überließen diese den Solés die Plantage. Die Nachfahren der Leihgeber widerrufen nun die Leihgabe, sie wollen auf dem Gelände ein Solarzellenprojekt initiieren. So wirkt die ökologische Erneuerung der spanischen Landwirtschaft in die Großfamilie hinein.
Regisseurin Carla Simón (»Fridas Sommer« 2017) inszeniert mit großer Zugewandtheit die harte und dennoch geliebte landwirtschaftliche Arbeit, das familiäre Idyll und vor allem den tiefen Zusammenhalt, der durch bevorstehende Veränderung zu bröckeln beginnt. Zu unterschiedlich reagieren die einzelnen Familienmitglieder. Quimet (Jordi Pujol Dolcet) will nicht weichen, nimmt an Demos teil, versucht sich gegen das Unvermeidliche zu wehren. Sein Bruder Cisco (Carles Cabós) hingegen akzeptiert das Angebot, sich um die Wartung der Solaranlagen zu kümmern. Es ist kein schlechter Handel. Die Kinder suchen noch erfolglos nach Ersatz für ihr Autowrack, während sich die Jugendlichen schon in Richtung Großstadt orientieren. Die Neuausrichtung ist keine Katastrophe, sie mündet nicht in einen Kampf, sie hat auch Vorteile. Aber sie verändert dauerhaft die familiären Strukturen. Carla Simón lässt das Publikum den letzten Sommer auf der Plantage inmitten der Familie erleben, an ihrem Leben teilhaben. »Alcarràs« ist die zu Herzen gehende Chronik eines großen Umbruchs. Stark erlebte Gegenwart, befeuert vom Spiel der Laiendarsteller. Dafür gab es den Goldenen Bären der Berlinale 2022.
Grit Dora