Wien vor der Nacht

Dokumentation, Frankreich/Deutschland/Österreich 2017, 74 min

Der französische Autor und Dokumentarfilmer Robert Bober ist seinem Urgroßvater nie begegnet. Wolf Leib Fränkel, geboren 1853, jüdischer Leuchtenmacher und -anzünder, ging 1904 fort aus seinem polnischen Heimatdorf und ließ sich nach einer verhinderten Auswanderung in die USA in der Wiener Leopoldstadt als Blechschmied nieder. Über ein Jahrhundert später begibt sich Bober dort auf Spurensuche: nach Erinnerungen an den Urgroßvater, die er selbst nie gemacht hat, und nach dem Kind an der Hand des alten Mannes, das er hätte sein können.
Seine Erkundung wird zu einer Reise in die Zeit vor der langen Nacht des Holocaust, als Wien am Ende der Habsburger Monarchie kulturelle Weltstadt war und eine der größten jüdischen Gemeinden Europas beherbergte. Bober streift über den Prater und durch die berühmten Kaffeehäuser, er besucht den Heldenplatz, wo Hitler im März 1938 den „Anschluss” Österreichs an das Dritte Reich verkündete, und den Stadttempel, die einzige Wiener Synagoge, die in der Pogromnacht im November desselben Jahres der Zerstörung entging. Das Leben seines Urgroßvaters rekonstruiert er aus den Biografien der vielen jüdischen Autoren, für die Wien damals zur Wahlheimat geworden war. Die Lebenserfahrungen von Joseph Roth, Stefan Zweig, Peter Altenberg und Arthur Schnitzler sowie deren literarische Stoffe von Entwurzelung, Exil und leiser Hoffnung sind für ihn untrennbar mit dem Leben des eigenen Urgroßvaters verschmolzen.
»Wien vor der Nacht« ist eine berührende Familiengeschichte, die sehnsuchtsvolle Annäherung an einen verlorenen Ort und eine tief persönliche Reflexion von jüdischer Identität und Geschichte.

Buch: Robert Bober

Regie: Robert Bober

Kamera: Giovanni Donfrancesco

Produktion: Les Films du Poisson, Riva Filmproduktion, KGP, Arte, NDR, Estelle Fialon, Michael Eckelt, Gabriele Kranzelbinder, Ulrike Dotzer

Bundesstart: 09.03.2017

Start in Dresden: 09.03.2017

FSK: o.A.