TRAILER

Die Linie

Drama, Schweiz/Frankreich/Belgien 2022, 103 min

Es ist nicht das erste Mal, dass die 35-jährige Margaret (Stéphanie Blanchoud) ihr Temperament nicht im Griff hat, als sie sich mit ihrer Mutter anlegt. Gerade erst zog sie daheim wieder ein, weil ihr Ex die üblichen Ausraster satt hatte. Und was schon unter normalen Bedingungen keine gute Idee ist, gestaltet sich hier noch weitaus schwieriger. Wenn das Kind ein Problem mit der Impulskontrolle hat und die Mutter ein Problem mit dem erstgeborenen Kind. Christina (Valeria Bruni-Tedeschi) gibt seit Jahren ihrer ältesten Tochter die Schuld am Scheitern ihrer eigenen Karriere als gefeierte Pianistin. Streit ist also vorhersehbar. Die Konsequenz, neben heftigen Blessuren und zerschlagenem Porzellan, ist ein Annäherungsverbot von einhundert Metern, welches Margaret laut Gerichtsbeschluss wenigstens für drei Monate einhalten muss. Weil ihr dies gleich am ersten Tag misslingt, bietet die kleine Schwester Marion (Elli Spagnolo) spontan Hilfe an und malt einen Bannkreis mit blauer Farbe rund ums Haus. Nun können es nicht nur alle sehen, es erleichtert den Schwestern in den folgenden Wochen auch, ihrem Wunsch nach Nähe auf neutralem Boden nachzukommen. Leicht wird das für keine der Betroffenen, Margarets mittlere Schwester Louise bekommt in dieser Zeit Zwillinge, Marion trifft die Verbannte täglich zum Musikunterricht an der blauen Markierung, weil die Mutter sich weigert, der Jüngsten noch etwas beizubringen, das Weihnachtsfest steht vor der Tür, und dann ist da ja noch die Sache zwischen Christina und Margaret… Der französisch-schweizerischen Regisseurin Ursula Meier und ihrem Team gefiel es, den Schwarzen Peter mit der häuslichen Gewalt einmal einer Frau zuzuschieben. Die eigentlich, wenn sie mit ihrer Band auf der Bühne steht, von allen Leuten angehimmelt wird. Aber auch Christina wirkt nur auf den ersten Blick wie eine charmante und begehrenswerte Partie, als Mutter ist sie bei ihren Kindern für etliche Wunden verantwortlich. Innerhalb dieser Familie sind wohl nicht alle Verletzungen zwischen den Frauen gleich so gut sichtbar wie die Spuren des Kampfes vom Beginn des Filmes.
alpa kino