The Irishman
Womöglich wird Altmeister Martin Scorsese nie wieder soviel Geld auf einen Schlag versenken, für ein dreiundeinhalb Stunden dauerndes Klassentreffen mit Robert De Niro, Al Pacino, Joe Peschi oder Harvey Keitel, für grandiose CGI-Verjüngungskuren seiner Protagonisten und für brodelnde Massenszenen, mit Gewerkschaften, Mafiosi, Präsidenten, Mord und Totschlag - aber hey, es ist dem 76-jährigen Regisseur womöglich egal. Denn das ist es, was Martin Scorsese am besten kann, was er will; großartiges Mobster-Kino abliefern. Und bitte verpassen Sie nicht die Botschaft zwischen den Zeilen; Verbrechen lohnt sich nicht. Frank Sheeran (Robert De Niro, der ewige Taxifahrer mit Kanone) hockt in einem Altersheim und lässt sich seine Karriere als mittelmäßiger LKW-Fahrer und überdurchschnittlich erfolgreicher Killer durch den Kopf gehen. Beide Berufe hat er zur Zeit des 2. Weltkrieges in Europa erlernt. Sein späterer Brötchengeber, der Mafiaboss von Pennsylvania Russell Bufalino (Joe Pesci, mit einer eleganten Verbeugung), der sicher auch mal hier und da ein Auto brauchte, benötigte zuallererst Frank Sheerans Fähigkeiten als Hitman. Armee, Mafia, Regierung - es ist doch überall dasselbe. Du bekommst Geld und tust, was dir gesagt wird. Schnell erkennen beide, welche Vorteile es haben könnte, den Teamster-Gewerkschaftsführer Jimmy Hoffa (Al Pacino, das Greenhorn unter Scorseses Regie) vor potentiellen Konkurrenten, der Regierung oder rivalisierenden Gangstern zu beschützen. Sheeran wird zu einem engen Vertrauten des Teamster-Präsidenten und bald erledigt er seine Aufträge auch auf Hoffas Geheiß. Loyalität und Freundschaft sind die Väter eines guten Lebens, Bufalino und Hoffa sorgen beide für Sheerans Wohlstand. Der lebt in Saus und Braus mit seiner Frau Connie (Kate Arrington), beschafft Waffen für die Fidel Castro Gegner und JFK Gegner, malt unentwegt Häuser rot an (»I Heard You Paint Houses« ist der Originaltitel des zugrunde liegenden Buches über Frank Sheeran) und versenkt seinerseits ein ganzes Waffenarsenal im Fluss. Und noch lange bevor er zum Mörder an Jimmy Hoffa selbst werden soll (dessen Tod bis heute ein Rätsel ist), beschleicht einen das grausige Gefühl; so funktioniert es also…, The land of the free and the home of the brave.
alpa kino
Buch: Steven Zaillian
Regie: Martin Scorsese
Darsteller: Robert De Niro, Al Pacino, Joe Pesci, Anna Paquin, Harvey Keitel, Bobby Cannavale, Aleksa Palladino, Jesse Plemons, Stephen Graham, Jack Huston
Kamera: Rodrigo Prieto
Musik: Robbie Robertson
Produktion: Netflix
Bundesstart: 14.11.2019
Start in Dresden: 14.11.2019
FSK: ab 16 Jahren