Der Wind wird uns tragen
Ein Stück unvollendetes Kino
Das Kino des iranischen Regisseurs Abbas Kiarostami, der zuletzt im Kino Casablanca mit seinem Film Der Geschmack der Kirsche zu sehen war, ist immer ein „…Kino, das nur eine Hälfte kreiert, eine Art unvollständiges Kino, dessen zweite Hälfte vom schöpferischen Geist des Zuschauers selbst gestaltet werden muss.“ So sind sie alle, die Filme des Iraners Kiarostami. Der in den Festivalhochburgen Cannes oder Venedig immer wieder mit Spitzenpreisen gewürdigt wird, wie einer der letzten Überlebenden vom alten Geheimbund der Cinematographie.
Die Kunst besteht im Sehen. Und Kiarostami ist bemüht, uns stets darin zu unterrichten. Wie auch den Teheraner Fotografen Behzad Dourani (der sich selbst spielt), welcher mit dem Auftrag für eine Reportage in ein kurdisches Bergdorf kommt. Er gibt sich für einen Ingeneur aus. Sein beständig aus Teheran klingelndes Handy führt ihn, wie von magischer Hand, im Dorf herum, denn er ist ständig auf der Suche nach einem guten Empfang. Eine seltsame Verwandlung ergreift Besitz von ihm, der er auf Bilder und Ereignisse für seine Story wartet. „Wenn dich jemand fragt, warum wir hier sind, sag; wir sind auf der Suche nach einem Schatz“ schärft der Fotograf einem neunjährigen Jungen aus dem Dorf ein. Während die Wochen im Dorf und die Filmminuten im dunklen Kinosaal vergehen, vergessen der Fotograf und der Zuschauer, dass sie eben noch auf der Suche nach einer Story waren.
Unser Geist beginnt jenen schöpferischen Teil der Vervollkommnung von Kiarostamis unvollendetem Kino. Wir lernen sehen, wie die Welt beschaffen ist; die Frauen servieren im Teehaus; eine Begräbniszeremonie mit längst vergessenen Ritualen, die ins Mystische abgesunken sind; doch die Todgeweihte will partout nicht sterben; der Totengräber des Dorfes arbeitet umsonst; dafür kann der vom Fotografen herbeitelefonierte Arzt helfen. Es liegt an Euch.
Buch: Abbas Kiarostami
Regie: Abbas Kiarostami
Darsteller: Behzad Dourani und die Bewohner des Dorfes Siah Dareh
Kamera: Mahmoud Kalari
Musik: Peyman Yazdanian
Bundesstart: 01.06.2000
Start in Dresden: 01.06.2000