So this is Christmas - Unter jedem Baum verbirgt sich eine Geschichte.
Ho, ho, ho. Dieser Film ist ein Geschenk. Und ja, es geht um das menschengemachte Ritual aus Licht, Duft, Musik, Liebe, Stress, Hoffen, Lügen und leuchtenden Kinderaugen. The Pogues sangen ja einst: „Happy christmas your arse“ und in dieser irischen, traumwandlerisch schönen, Advents-Doku öffnet ein aufmerksamer Beobachter ganz viele Türchen zu den Herzen der Menschen und ihren Weihnachtsgeschichten. Keine Bange, das Fest selbst kommt darin nicht vor. Santa hat sich ja bereits totgelacht. Aber atemberaubende Bilder und staubtrockener Humor erschaffen eine warmherzig, verhaltene Distanz zu all dem ganzen Bohei. Einsamkeit, Ess-Störungen und klamme Kassen tun dies ebenso. Und wenn der Pfarrer einer irischen Kleinstadt der versammelten Kinderschar vor dem Altar vorspielt, Santa hätte ihn soeben persönlich angerufen, wegen der Weihnachtsbotschaft, meint man, in einer Wes Anderson-Doku zu sitzen. Da leuchtet einfach alles. Außer der Kinderaugen. Wir sind in Irland, wo Santa mit dem Rain-Deer kommt, wo die gute Katholikin alle Weihnachtsfilme im TV verpasst, wegen der vielen Mitternachts-Messen, wo sich die Alten versichern, sie würden auch dieses Mal wohl das Fest überleben, empirische Zuversicht von 60-Jährigen, und wo Josef der Maria gefälligst zu Hilfe eilen möge, sollte ihr das Kind zu Boden fallen…
Regisseur Ken Wardrop ist ein Ver-Zauberer im Doku-Fach, er beherrscht die Kunst, seine Zuschauer zum Weinen, Lachen und Staunen zu bringen. Respekt- und liebevoll belauscht seine Kamera aufmerksam in fünf verschiedenen Häusern die Vorbereitungen. Beim jungen Witwer mit seinen zwei Söhnen dreht sich alles um eine schmerzliche Leerstelle. Eine essgestörte 48-Jährige überhört die ewige Fragerei nach der Truthahngröße. Ebenso die alleinerziehende Mutter dreier Kinder, denn sie konnte in diesem Winter nicht, wie sonst üblich, 20 Euro beiseite legen, um Weihnachtgeschenke zu kaufen. Oh Himmel! Man möchte sie alle zusammenrufen, die Zynischen, die Aufgedrehten, die Traurigen und die Bitterarmen und vor allen jene, die sich „ganz alleine weniger einsam fühlen“. Und möchte mit ihnen gemeinsam feiern, und lauthals Shane MacGowans Hymne grölen.
alpa kino
Regie: Ken Wardrop
Kamera: Narayan Van Maele
Musik: Craig Stuart Garfinkle, Eimear Noone
Bundesstart: 21.11.2024
Start in Dresden: 05.12.2024
FSK: o.A.