Alle Kinder dieser Welt

Episodenfilm/Drama, Italien 2005, 116 min

Dieser Filmtitel sagt zwar wieder nicht die ganze Wahrheit, doch er weist uns zumindest in die richtige Richtung, denn dieser Film handelt einmal nicht von millionenschweren Boxkämpfen, orientierunglosen Attentätern, von virenverseuchten Diktaturen, Vergewaltigungen am Arbeitsplatz oder arbeitslosen Waffenhändlern, sommerlichen Balkonen und verliebten Schafhirten. Er erzählt von Kindern. Nicht gleich von allen dieser Welt, so doch aber in sieben Kurzfilmen namenhafter Regisseure von all den unsichtbaren Kinderschicksalen. Stellvertretend erzählt er von Tanza in Burkina Faso, Uros in Serbien, Blanca in Brooklyn, Bilu und João in Sao Paulo, von Ciro in Neapel und Song Song sowie deren unbekannter Zwillingsschwester Little Cat in China. In Mehdi Charefs »Tanza« beschließt ein zwölfjähriger Kindsoldat, die ihm anvertraute Sprengladung nicht scharf zu machen, weil er die Fragen zu beantworten weiß, die bei seinem nächtlichen Besuch der zu sprengenden Schule für den morgigen Tag an der Tafel vorbereitet stehen. Emir Kusturicas »Blue Gypsy« berichtet von einer unglaublichen, aber nachvollziehbaren Tatsache: Außerhalb des Jugendknasts bedeutet Freiheit bloß die Abwesenheit selbstbestimmter Regeln. Da zieht der frisch entlassene Uros die geregelte Unfreiheit vor und macht auf dem Absatz kehrt. Neben John Woos chinesischer Kinderarbeit, Stefano Venerusos neopolitanischer Rolex-Hehlerei oder Spike Lees engagierter Geschichte über unschuldig infizierte HIV-Kinder beeindrucken vor allen zwei Geschichten, weil sie die Kinder auch mit den Augen der Kinder zeigen. In Sao Paulo bewältigen Bilu und João auf spielerische Weise den harten Alltag der Müllkinder lateinamerikanischer Großstädte, Nägel und Holz werden ein Nebenverdienst, das Einsammeln von Getränkedosen ein Wettkampf, der am Ende des Filmes 2:2 ausgeht. Ridley Scott und Tochter Jordan schicken in England einen traumatisierten Kriegsfotografen auf eine beängstigend schöne Reise durch die eigene Kindheit, ausgelassen tobt er mit den Kameraden durch den Wald und lernt auf den Bürgerkriegsschauplätzen all jene unsichtbaren Kinder beim Spielen kennen, deren Fotografien seinen Kopf und seine Kameras füllten.