Schande

Drama, Schweden 1968, 113 min

Vor zehn Jahren wurde in Cannes eine Goldene Palme verliehen, die bis dahin nicht und auch seither nie wieder verliehen wurde. Und ihr Titel lässt ahnen, dass es wohl dabei bleiben wird. Die Palme aller Palmen, für den „Besten Regisseur aller Zeiten“ erhielt Ingmar Bergman. Es mag sein, dass er sie mittlerweile gern an einen Jüngeren weitergereicht hätte, unzählige nennen und schätzen ihn als direktes Vorbild für die eigene Arbeit. Doch am 30. Juli 2007 machte ihm der Sensenmann einen kleinen Strich durch die Rechnung, legte den Finger auf’s siebente Siegel und setzte den Schweden Schach matt. Nun bleibt ihm diese französische Auszeichnung für die Ewigkeit, oder zumindest für das, was davon übrig ist. In der verbleibenden Zeit mag jeder selbst herausfinden, inwieweit er mit der Cannes-Jury von 1997 konform geht, Studienmaterial hat der alte Schwede ausreichend hinterlassen.
Einen Anfang macht das Thalia mit dem Film »Die Schande«, der in Dresden bislang noch nicht zu sehen war. Mit Liv Ullmann und Max von Sydow geradezu klassisch besetzt, auf der 1968 noch gottverlassenen Ostseeinsel Fårö gedreht, nimmt er frühzeitig vorweg, was nach ihm viele andere Filme noch oftmals bekräftigen sollten, die dem menschlichen Handeln innewohnende Schandhaftigkeit. Jan und Eva träumen zuversichtlich in den Tag hinein, sie glauben, dass sie ihre abgebrochenen Musikerkarrieren nach dem Ende des Krieges werden fortsetzen können. Mehr noch. Vielleicht, so überlegen sie, ist diese verwirrende Zeit ja gar kein Krieg. Sondern einfach nur irgendjemandes Traum. Kein Grund zur Aufregung also. Irgendjemand braucht nur aufzuwachen und für Jan und Eva ist wieder alles wie früher. Schön wäre das allemal. Man brauchte sich nicht mehr beim Bürgermeister lieb Kind zu machen, müsste nicht mehr um dessen Schutz betteln oder brauchte sich nicht mehr länger für „gewisse Vorteile“ zu prostituieren. Irgendjemand sollte endlich aufstehen und den Schlaf abschütteln, bevor es zu spät ist für die Reue. Bevor der Tod von ahnungslosen Mitmenschen zur eigenen Schande wird und aus dieser gottverlassenen Gegend eine von Gott verlassene.