Portraits deutscher Alkoholiker

Dokumentation, Deutschland 2009, 79 min

Einen Teufelskreis verlässt man nicht mal eben so, um eine Couchgarnitur kaufen zu gehen, den Schulanfang vorzubereiten oder um den Zahnarzttermin nicht zu verpassen. Alkoholiker ist man immer. Vierundzwanzig Stunden am Tag. Solange man trinkt. Selbst wenn man es nicht mehr tut. In einer abwärts drehenden Spirale bewirken die Angst vor der öffentlichen Bloßstellung als Trinker und damit verbundener Kontrollverlust einen immer stärker werdenden Anpassungsdruck. Das Feedback, die markerschütternde Rückkopplung wird immer lauter. Da hilft nur noch mehr Alkohol. Diese feucht-traurigen Geschichten, die hier von ihren sechs Protagonisten selbst erzählt werden, widerfuhren Staatsanwälten oder IT-Firmenleitern, Menschen, die nebenher Kinder großgezogen oder langjährige Ehen geführt haben. Während unser Blick auf Bildern einer vermeintlich intakten Gesellschaft ruht: angefüllt mit Häusern in schmucken Siedlungen, alltäglich aussehenden Büros, Fabriken, Landstraßen, Wohnungen, Bahnhöfen oder Krankenhausfluren, ringen die bedächtig vorgetragenen Schicksalsschläge aufs Heftigste mit ebendieser Normalität. Wortgewandte Ausweglosigkeit trifft auf die allzu sorglose Realität. Und bezwingt diese immer aufs neue, führt sie hinters Licht und macht sie trunken. Unser Alltag führt uns unzählige Male an ihnen vorbei. Aber erst wenn die Fahne weht, wie bei einem Parlamentär, der um Frieden nachsucht oder ein Hilfsangebot erfleht, wird es offensichtlich. Und wird doch allzu oft missachtet. Sieht oder riecht man es einem Alkoholiker erst einmal an, ist alle Hoffnung meist auf und davon. Oder liegt die themenbezogene Blindheit der Gesellschaft vielleicht an der selbstauferlegten Promillegrenze?
alpa kino

Buch: Carolin Schmitz

Regie: Carolin Schmitz

Kamera: Olaf Hirschberg

Produktion: 58Filme

Bundesstart: 28.07.2011

Start in Dresden: 06.10.2011

FSK: o.A.