Grandhotel

Komödie, Tschechische Republik 2006, 95 min

»Grandhotel« von David Ondrícek lebt von der beeindruckenden Kulisse seines Drehorts und dem schrulligen Charme seines Antihelden: Fleischmann ist Hausmeister in einem futuristisch anmutenden Architekturdenkmal der Nachkriegsmoderne. Einem kegelförmigen, 100 Meter hohen Turm auf dem Gipfel des Jested im Isergebirge. Dieser merkwürdige, seines ideologischen Auftrags mittlerweile entledigte Prestigebau aus den 60ern ist zugleich Hotel und Fernsehturm und immer noch Projektionsfläche menschlicher Sehnsüchte. In sozialistischen Zeiten wohl ein Sinnbild für die verheißungsvolle Zukunft des neuen Menschen, ist er in der Gegenwart auch eine beliebte Station von älteren Reisenden aus Deutschland, die sich im ehemaligen Reichenberg auf die Suche nach der Vergangenheit und den Spuren der eigenen sudetendeutschen Herkunft machen. Fleischman hingegen ist besessen von der Idee, von hier aus mit einem Ballon in den Himmel zu schweben und dem Hotel, der Provinzstadt Liberec und dem Leben, das ihm überhaupt nicht zu gelingen scheint, zu entfliehen. Liberec ist für ihn ein Gefängnis und ein Ort, der ihn durch ein vor langer Zeit gegebenes Versprechen festhält. Einzig Ilja, ein schüchternes Zimmermädchen, holt seine Gedanken zurück auf die Erde.
[Katalog, Internationales Forum Junger Film, Berlinale 2012]