Menschen im Hotel

Drama, USA 1932, 115 min

Menschen kommen, Menschen gehen, nie passiert etwas. So mag das betriebsame Gewimmel im Berliner Grand Hotel der späten zwanziger Jahre auf einen Unbeteiligten gewirkt haben. Illustre Gestalten tauschen die Plätze mit vermögenden Bankiers, bewundernswerte Damen rauschen durchs Foyer und exotische Prinzen halten Hof in einer der dafür vorgesehenen Suiten. Dazwischen lauern allerhand zwielichtige Zeitgenossen auf eine günstige Gelegenheit, um ihr geflicktes Renommé ein wenig aufzubessern. Wen wundert es, dass ein solches Sujet (die Romanvorlage stammte aus der Feder der ehemaligen Hotelangestellten Vicki Baum) zu Beginn der Tonfilmära das Zeug zu einem großen Spielfilm hatte. Noch dazu, wenn sich MGM Mogul Irving Thalberg entschloss, nicht nur die Hauptrollen wie gewohnt mit einem namhaften Star zu besetzen, sondern jeder der recht unterschiedlichen Figuren im Stück, gleichsam über deren beachtliche Besetzung, noch eine weitere Bedeutung beizumessen. Allen voran steht die göttliche Greta Garbo in ihrer Rolle als russische Ballerina Grusinskaya. Sie trauert ihrer verblassenden Jugend ebenso nach wie der schwindenden Berühmtheit. Und doch macht sie jeder Augenaufschlag zum Tagesgespräch. Ihr wäre am ehesten John Barrymore als Baron von Gaigern ebenbürtig, würde er nicht seine Noblesse geborgt und sein vermeintliches Vermögen mit Diebstählen ergaunert haben. Ganz anders Hoteldirektor Preysing, der soeben in eine Riesenpleite zu schlittern droht, da er Hab und Gut seiner Gemahlin in dubiosen Geschäften aufs Spiel setzt und mit der ambitionierten Stenotypistin Flämmchen noch ganz ausgiebig das Wort Schäferstündchen buchstabiert. Der jungen Joan Crawford fiel es zunächst einigermaßen schwer, sich als züngelnde Sekretärin für Liebesdienste in einem Film vorzustellen, in welchem die gleichaltrige Garbo mit ihrer leidenden Ballerina alles überstrahlen sollte. Doch Joan Crawford spielte all ihren Charme aus, brach neben den Herzen verschiedener Hotelgäste auch die des Premieren-Publikums in Graumans Chinese Theatre am Hollywood Boulevard und lieferte mit Flämmchen eine ebenbürtige Leistung ab. Die Garbo soll jedenfalls geflucht haben. Das Dresdner Publikum darf hingegen jubeln, weil ihm dieses Kleinod der frühen Filmgeschichte auf großer Leinwand präsentiert wird, als eine weitere Zusammenarbeit mit der Filmgalerie Phase IV, selbstredend wiederum mit einer fachkundigen Einführung versehen.
alpa kino

Buch: William A. Drake nach dem Roman von Vicki Baum

Regie: Edmund Goulding

Darsteller: Greta Garbo, John Barrymore, Lionel Barrymore, Joan Crawford

Kamera: William Daniels

Musik: Herbert Stothart

Bundesstart:

Start in Dresden:

FSK: ab 16 Jahren