Mein Leben ohne mich

Drama/Melodram, Spanien/Kanada 2002, 100 min

Wer hasst sie nicht: Filme, in denen die Heldin viel zu früh pittoresk an Krebs stirbt, umgeben von ihren tränenreich Abschied nehmenden Verwandten. Auch »My Life Without Me« handelt von solch einer Person. Im Mittelpunkt steht die junge Ann. Sie hat zwei Töchter, einen Ehemann, der meistens arbeitslos ist, eine Mutter, die alle Welt hasst, und einen Vater, der die letzten zehn Jahre im Gefängnis verbracht hat. Ann besitzt eine seltsame Vorliebe für Hörbücher mit Seifenopern und arbeitet nachts als Reinemachfrau in einer Universität, die sie am Tage niemals betreten könnte. Mit ihrer Familie lebt sie in einem Wohnwagen auf dem Grundstück ihrer Mutter in einem Vorort von Vancouver.
Ihr Leben nimmt eine radikale Wendung, als sie bei einer ärztlichen Untersuchung erfährt, dass sie nur noch kurze Zeit zu leben hat - höchstens zwei Monate.
In »My Life Without Me« läuft aber alles ganz anders als oben beschrieben. Für das, was nun kommt, hat die Regisseurin bestechend simple, unpathetische, klare, zuweilen auch urkomische Bilder: Ann macht die Sache mit sich selbst aus. Sie reagiert auf ihr Schicksal in einer schnörkellosen Nüchternheit und beginnt das Leben „ohne sich“ zu organisieren. Zu ihrer eigenen Überraschung entwickelt Ann eine Lebenslust, die sie bisher gar nicht kannte. Nicht nur, dass sie die Zukunft ihrer Töchter in die Hand nimmt, sie verführt auch einen einsamen, verwundeten Mann und stellt sich dem, was von ihrem Leben übrig bleibt, mit einem Mut, den sie selbst von sich am wenigsten erwartet hätte…
Auf den ersten Blick mutet diese Geschichte so unwahrscheinlich an, als habe Regisseurin Isabel Coixet ein Märchen im Angesicht des Todes erfunden. Und doch erscheint alles seltsam natürlich. Das liegt an Coixets sensibler und feinfühliger Inszenierung ebenso wie an der großartigen Schauspielkunst Sarah Polleys. In Atom Egoyans »The Sweet Hereafter« empfahl sie sich bereits. Auch die Nebenrollen sind toll besetzt: Deborah Harry überzeugt als Anns depressive Mutter, Amanda Plummer als fress-süchtige Putzfrau-Kollegin.
Im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale erhielt »My Life Without Me« den Preis der Gilde Deutscher Filmkunsttheater.