Unkenrufe

Komödie, Deutschland/Polen 2005, 98 min

“In einer Zeit, in der die Roten sich entfärben und die Grünen erröten müssen (…), da muss ein Schriftsteller Krach schlagen.“ Günter Grass hat es getan. Und er hört nicht auf damit. Wie seine Kritiker, in erster Linie Politiker, nicht müde werden mit ihren Nestbeschmutzer-Beschimpfungen. Unter diesen „gesellschaftlichen Umständen“ möchte er fast jeder seiner Geschichten Unkenrufe mit auf deren Weg geben. Umso höher ist es Leuten wie Grass anzurechnen, wenn sie ihre Hände nicht ebenfalls in den Schoß der Geschichte legen. Dass es mit Robert Glinski ein Pole ist, der hier endlich wieder aus dem Grassschen Fundus an Geschichten eine herausgreift, muss da nicht sehr verwundern.
Ein schönes Bild ist dem in Danzig geborenen Schriftsteller da mit der Friedhofsgesellschaft gelungen, welche derart vermarktet wird, dass die „neue deutsche Landnahme“ immer mehr zu einem kommerziellen Geschäft pervertiert. Prädikat „Besonders wertvoll“. Doch das beschmutzte Nest liegt ja auch nicht mehr wirklich in Deutschland.
Es geht um Alexander Reschke (Matthias Habich), Professor der Kunstgeschichte aus Bochum, geboren in Danzig, und Alexandra Piatkowska (Krystyna Janda), Restauratorin, einst als Polin von Wilna nach Danzig umgesiedelt. Beide sind sie verwitwet und lernen sich an Allerseelen 1989 in Danzig zufällig kennen. Bald entdecken sie neben ihren verwandten Biographien auch ihre Liebe füreinander und entwickeln zudem eine recht ausgefallene Idee: Den ehemals Vertriebenen soll ermöglicht werden, in ihrer Heimat beerdigt zu werden. Dazu wollen sie die Errichtung eines Versöhnungsfriedhofes in Danzig zu Wege bringen. Erzählt wird die Geschichte rückblickend aus der Sicht eines früheren Schulkameraden Reschkes, dem dieser die Tagebücher, Dokumente, Rechnungen, Fotos, Zeitungsausschnitte, Tonbandkassetten aus der Zeit zwischen dem 2.11.89 und Sommer 1991 zukommen lässt. In ausgeklügelt verschachtelten Rückblenden wird die Geschichte von Alexandra und Alexander als Chronik eines Scheiterns aufgezeichnet.
Michael Rudolph