Einer trage des Anderen Last
Lothar Warneke (»Die Beunruhigung«) fasste mit seinem 1987 entstandenen Film »Einer trage des anderen Last«, der im Januar 1988 in die Kinos kam, ein heißes Eisen an: Die Auseinandersetzung zweier unterschiedlicher Weltanschauungen. Christentum und Marxismus - in Form eines im besten Sinne unterhaltenden Filmes und dazu noch gleichberechtigt nebeneinander - bis dahin undenkbar. In der DDR, zu Beginn der 50er Jahre, wird der junge Volkspolizist Josef Heiliger (Jörg Pose) mit einer akuten Tuberkulose in ein privates Lungensanatorium eingeliefert. Sein Zimmergefährte dort wird ausgerechnet Hubert Koschenz (Manfred Möck), ein evangelischer Vikar, der seinen Christus ebenso selbstverständlich über den Nachttisch hängt, wie das der marxistische Vopo mit seinem Stalin (-bild) tut. Der Streit der Ideologien nimmt bald sonderbare Formen an, wenn Parteiversammlung gegen Bibelstunde und die Internationale gegen lutherisch-feste Burgen gegeneinander ins Feld geführt werden. Die von den beiden Unversöhnlichen gewünschte Auseinanderlegung lehnt der Chefarzt ab - er sieht in Toleranzfähigkeit eine Heilungschance. Heiligers tragisch endende Liebe zu der todgeweihten Mitpatientin Sonja macht ihm und seinem Zimmergenossen schmerzlich klar, dass es im Leben Wichtigeres gibt, als Prinzipien zu Tode zu reiten. So kommt es am Schluss zur Versöhnung und Annäherung der beiden Streithähne und der schwer kranke Heiliger kann sogar entlassen werden, weil der Vikar ihm (in aller Heimlichkeit) sein vom evangelischen Hilfswerk in der Schweiz bezahltes neues Medikament überlassen hat…
Regisseur Lothar Warneke und Drehbuchautor Wolfgang Held verarbeiteten in ihrem Film, dessen Titel einem Bibelwort entlehnt ist, persönliche Erfahrungen: Warneke war in den 50er Jahren evangelischer Vikar, bevor er sich zum Marxismus bekehrte; Held musste sich seinerzeit als lungenkranker Volkspolizist in einem Sanatorium aufhalten. Das filmische Plädoyer für Mitmenschlichkeit und Toleranz stieß bei seinem Erscheinen in den DDR-Kinos auf außerordentliches Interesse und sorgte anlässlich von Filmveranstaltungen mit anschließender Publikumsdiskussion für reichlich Zündstoff.
Die beiden Hauptdarsteller wurden 1988 bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin mit dem Silbernen Bären als beste Darsteller geehrt.
Buch: Wolfgang Held
Regie: Lothar Warneke
Darsteller: Karin Gregorek, Peter Hölzel, Heinz-Dieter Knaup, Susanne Lüning, Manfred Möck
Kamera: Peter Ziesche
Musik: Günther Fischer
Bundesstart:
Start in Dresden:
FSK: ab 12 Jahren