Borat

Komödie, USA 2006, 82 min

Ahh! Ali G. wieda ma Indakinohouse. Sehr gut. Eigentlich brauchen wir uns über die Degeneration der deutschen Sprache im Bereich der Jung- bis Starkpubertät nicht wirklich zu wundern oder gar aufzuregen, wenn auf der anderen Seite, in der Arena der Politik und des Wessitums eine Sprache entwickelt wurde, die im ersten Eindruck sehr klug daherkommt, aber beim genaueren Hinhören nur hohles Gewäsch offenbart. Da ist mir dann ein debiler Rapclown lieber, der mit drei vier Worten auf den Punkt bringt, welch ein dissender Hohlkörper er ist. Eine Vielzahl von Politikern oder Bürgern aus den alten Bundesländern brauchen für genau das gleiche Thema dann aber ca. 30 Minuten. Bei Politikern nennt man das glaub ich Diplomatie. Der anderen Volksgruppe (nicht alle) sollte man gar nicht erst zuhören oder mit fester Stimme die treffliche Bemerkung entgegenschmettern: Zerre Luft, Du Clown! Wobei Clown wie Clon ausgesprochen wird. Das bringt die meisten aus dem Konzept und der Betitelte hat es schwer, darauf eine passende Bemerkung zu landen. So ungefähr funktioniert das Prinzip von Borat alias Ali G. alias und eigentlich Sacha Baron Cohen, seines Zeichens britischer Komiker. Mr. Cohen nutzt aber ein effektiveres Prinzip. Er wartet erst gar nicht auf das, was da kommen möge, sondern konfrontiert die Menschen unvorbereitet mit zum Teil nur äußerlich wirkenden dämlichsten Fragen und Standpunkten und lockt so die lustigsten Reaktionen aber auch Äußerungen hervor, bei denen einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Mit seiner nun zweiten Kunstfigur nach Ali G. begibt er sich in die USA, um als kasachischer TV-Journalist Borat Sagdiyev einen Lehrfilm über das erfolgreiche Leben und Wirken in Amerikaland für sein Heimatland zu drehen. Da alles real aufgezeichnet wurde, kommt es zu den absurdesten Situationen. Denn Borat bedient die Klaviatur der Klischees eines hinterasiatischen Kleinstaates: Sexistisch, antisemitisch und absolut hinterwäldlerisch. Und Vorurteile sind meist ein scharfes Schwert. So besucht Borat zum Beispiel ein Südstaaten-Rodeo und beglückwünscht als „offizieller“ Gast aus Kasachstan die USA zum Krieg gegen den Terrorismus und ruft in osteuropäischem Akzent in die Zuschauermenge: „Möge George Bush das Blut von jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind im Irak trinken!“ Worauf, wir können es uns denken, die Menge zu jubeln beginnt. Der Film geht so ans Eingemachte, dass die kasachische Regierung bereits die Domäne www.borat.kz gesperrt hat und sich Staatspräsident Nursultan Nazarbayev persönlich in die USA aufmachte, um das Image seines vortrefflichen Landes zu retten. Allerdings behauptet Borat seinerseits, dass der Präsident nur in die USA gereist wäre, um für seinen Film Werbung zu machen und will gleichzeitig alle verklagen, die behaupten, in Kasachstan würden die Menschen keinen vergorenen Pferdeurin trinken. So verschmelzen Fiktion und Wirklichkeit zu einem Gebräu, das Ideologien, Politik und nicht zuletzt den einfachen Staatsbürger ad Absurdum führt. Absolut intelligenteste Trash Reality Comedy von hinten durch die kalte Küche und mitten durch die Brust.
Ray van Zeschau