Das Mädchen, das die Seiten umblättert

Das Spiel der Frauen: Mit großer Begabung und voller Leidenschaft lernt Mélanie (Julie Richalet) Klavier spielen und fiebert ihrer Aufnahmeprüfung für das Konservatorium entgegen. Doch das Vorspielen endet in einem Fiasko, als die Jurypräsidentin und bekannte Pianistin Ariane (Catherine Frot) Mélanie mit ihrem taktlosen Verhalten aus der Fassung bringt. Wütend und enttäuscht beschließt sie daraufhin, ihren Traum aufzugeben und dem Instrument den Rücken zu kehren. Noch ahnt Mélanie nicht, dass die Worte „man trifft sich immer zweimal im Leben“ Wirklichkeit werden. Als sie (Déborah François) zehn Jahre später ein Praktikum bei einem Anwalt absolviert und anbietet, sich in den Ferien um seinen klavierspielenden Sohn zu kümmern, ist es soweit. Im abgelegenen Landhaus der Fouchécourts trifft sie auf Ariane, die Mutter des Kleinen. Schnell gewinnt Mélanie das Vertrauen der Pianistin, deren Karriere auf der Kippe steht und die dringend Unterstützung benötigt. Dank ihres musikalischen Talents macht sie sich als persönliche Notenumblätterin bald unentbehrlich. Von der jungen Frau fasziniert, fühlt sich Ariane immer mehr zu ihr hingezogen. Doch Mélanies wahrnehmbares Äußeres bleibt undurchsichtig - hinter einer Maske der Unschuld sinnt sie nach Rache. Zunehmend crescendo nehmen subtile Manipulationen mit fatalen Folgen ihren Lauf…
Der minutiöse Rachefeldzug eines jungen Mädchens - ein Engelsgesicht als Virtuosin der Verblendung: Allein mit Blicken, Gesten und Andeutungen tragen die Hauptdarstellerinnen Catherine Frot und Déborah François einen subtilen Thriller im Milieu der klassischen Musik, dessen filmische Partitur der junge französische Regisseur Denis Dercourt bis in die kleinsten Töne selbst komponiert hat. So erinnert sein zerstörerischer Engel Mélanie an Pier Paolo Pasolinis »Theorema«, der sezierende Blick auf die bröckelnde bürgerliche Fassade an Claude Chabrol, das gewitzte Spiel mit den Zuschauererwartungen an Michael Haneke und der schleichende Suspense an Alfred Hitchcock. Im Spannungsfeld zwischen Erotik, Macht und Abhängigkeit entsteht dennoch ein magisch-anziehender Dercourt-Film!