Lichter der Vorstadt

Drama/Komödie, Finnland/Deutschland/Frankreich 2006, 77 min

Im neuen Kaurismäki Film gibt es eine Szene, da rutscht man vor Schreck ganz aufgeregt in seinem Kinosessel hin und her. Mirja, das blonde Gift, tritt von hinten an Koistinen, den traurigen Wachmann, heran und lenkt ihn von seiner Arbeit mit den Worten ab: „Wir müssen reden!“ und man fragt sich unwillkürlich, ob es so etwas schon einmal gegeben hat. Wo man doch etliche bekannte Dinge wiedersieht, nur eben anders. Einzelne rote Nelke vor blauer Wand oder faltbare Autobustür mit leicht angeschnittenen Reifen, ach und im Frühling die Buschwindröschen… Doch keine Angst, »Lichter der Vorstadt« ist kein schwatzhafter Film geworden, ganz im Gegenteil, vermutlich wurde nur bei »Juha« noch weniger geredet. Denn selbst die blonde Mirja starrt nur wortlos in ihre Teetasse, nachdem sie den wichtigsten Teil ihres perfiden Planes erledigt hat. Koistinen schläft ein. Sie schnappt sich seine Schlüssel, mit deren Hilfe ein paar nadelstreifentragende Gangster einen Juwelierladen ausräumen. Als Koistinen wieder wach ist, will er von all dem nichts wissen. Sehenden Auges hält er seinen Mund und wird zum Lohn auch noch mit zwei Jahren Gefängnis bedacht. Erst bringen Mirja und ihre Kumpane ihn in eine prekäre Situation und dann lässt er sich aus romantischer Naivität den Raub auch noch anhängen. Job weg, Wohnung weg, zwölf Monate finnische Gardinen und schon ist man sozial abgehängt worden. Aber etwas anderes war im dritten Teil von Kaurismäkis „Verlierer-Trilogie“ auch schwerlich zu erwarten gewesen. Nach Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit kommt nun die Einsamkeit eines fallsüchtigen Einzelgängers. Ehe die falsche Mirja auf Koistinen trifft, besteht dessen Leben aus wortloser Arbeit unter anonymen Kollegen und einsilbigen Halbsätzen, die er mit Aila wechselt. Aila hat eine Grillbude unten am Hafen und Koistinen lange schon in ihr Herz geschlossen. Ihr erzählt er kleinlaut prahlend von seinem Traum, ein eigenes Wachunternehmen zu gründen. Als er auch noch mit seiner neuen Freundin bei Aila auf Angeber macht, bleibt die Grillbude für ihn geschlossen. Doch später schreibt sie ihm Briefe, während er im Gefängnis sitzt, besucht ihn im Obdachlosenasyl und ist auch zur Stelle, als er von Mirjas Kumpanen zusammengeschlagen wird. Denn zu allererst ist »Lichter der Vorstadt« ein Film über eine Liebesgeschichte und dankenswerterweise mit einem Happy End versehen. Von einem „alten Mann mit weichem Herzen“ so gewollt, wie der neunundvierzigjährige Finne offen zugibt. C.Fredo
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