Night of the shorts - Tapas Mixtas

Kurzfilmkompilation, Spanien 2002-2006, 99 min

Ein scharf gewürztes und abwechslungsreich zusammengestelltes Mahl bekommt man bei dieser gemischten Bestellung auf die Leinwand serviert. Enthalten sind sechs spanische Kurzfilme, deren Preisträger-Vita weitaus länger ist als der Abspann des Filmes. Zu Beginn eine feurige Portion schwarzen Humors. Der greise Firmenchef Ramirez in »Domicilio Habitual« leidet unter dem misstrauischen Personal, unter seiner eifersüchtigen Ehefrau oder neidischen Partnern und auch ein wenig unter Herzbeschwerden. Also, alles wie gewöhnlich. Aber auf die Dauer auch sehr ungesund. Ganz anders der Ingenieur Pedro Perez (Name wurde von der Red. geändert), der bei seinem »Profilaxis« Interview erleichtert davon berichtet, wie ihm seine ungewöhnlichen Sexual-Praktiken quasi das Leben gerettet haben. Man mag es nicht glauben, aber guter Sex kann ein ganzes Leben verändern. Schlechter auch. Seit fünf Jahren verheiratet sind Patricia und Jorge. Wortlos fahren sie auf einer Landstraße und starren dabei aus dem Fenster, als seien sie schon seit den Flitterwochen unterwegs. Und dann übersieht Jorge geflissentlich einen Anhalter. Aus dieser klassischen Szenerie entfacht »Llévame a otro sitio« urplötzlich einen heißen Wirbel an überraschenden Gefühlen, die das Leben der Beiden komplett auf den Kopf stellen. In einem völlig anderen Beziehungsgeflecht findet sich ein junger Maler wieder, als sein Pinsel die Leinwand berührt. Aus den Linien erwächst ein Labyrinth von metaphysischer Dimension, er begegnet in »Minotauromaquia« den Kreaturen vergangener und zukünftiger Bilder, leidet unter Verfolgungswahn und läuft dabei immer im Kreis. Bis ihm seine Taube den Ausweg zeigt. Eine beängstigend schöne Knet-Animation, in der sich hier Pablo Picasso seinen Weg durchs Labyrinth aus Leinwand und Leben sucht. Auf einer ähnlichen Reise befindet sich auch ein junger Adliger, der Ende des 19. Jahrhunderts unter einer seltsamen Krankheit zu leiden scheint. Ein herbei geeilter Psychiater stellt überrascht fest, dass der Mann durchaus in der Lage ist, drei Tage am Stück tief und fest zu schlafen. Danach bringt er futuristisch anmutende Stadtansichten zu Papier. Als träfe »El Sonador« abwechselnd Sigmund Freud oder Jules Verne. Jedenfalls muss der Arzt eine Entscheidung treffen.
Normalerweise fristen Kurzfilme ein Zigeunerleben auf den Festivals dieser Welt und abseits des eigentlichen Kino-Publikums. Um so schöner ist es, wenn man mal die Gelegenheit bekommt, ein paar lecker Häppchen zu kosten. Fein abgeschmeckt und ordentlich aufgespießt. Wie die Protagonisten in dem Mini-Thriller »Tercero B«, denen am Ende gar nichts anderes übrig bleibt als der Griff an die Gurgel. ¡Que aproveche!