Fette Welt

Drama, Deutschland 1998, 89 min

Ein ungewöhnlicher Film erwartet den Zuschauer mit Jan Schüttes (»Auf Wiedersehen Amerika«) neuem Werk Fette Welt. Die Protagonisten sind Obdachlose, unter freiem Himmel, fernab jeglicher sozialer Anbindung, desillusioniert in den Tag lebend. Nachdem sie von Bauarbeitern aus ihrer Behausung in halbfertigen Wohnbauten vertrieben wurden, trifft sich die Gruppe unter der Wittelsbacher Brücke. Es sind großteils Ältere, u.a. der seriös aussehende „Botschafter“ (Jürgen Hentsch), Edda (Ursula Strätz) und zwei junge, Hagen (Jürgen Vogel) und Tom (Stefan Dietrich). Hagen, der aus gestörten Familienverhältnissen kommt, ist alles egal, Hauptsache dass durch Betteln erworbene Geld reicht für Schnaps und ein wenig Essen. Sein Inneres verbirgt er hinter Aggresivität und Schroffheit. Eines Tages schließt sich dieser Gruppe die 15-jährige Ausreißerin Judith (Julia Filimonow) an. Fasziniert von Hagen, versucht sie seine Schroffheit zu überwinden. Eine Romanze beginnt, doch wird diese jäh unterbrochen. Die Beiden werden beim Schwarzfahren erwischt (als Liebesnest dient ein Abteil im Schlafwagen); Judith wird zu ihren Eltern nach Berlin gebracht und Hagen droht ein Verfahren wegen Verführung Minderjähriger. Doch wahrscheinlich erstmalig in seinem Leben kann und will Hagen ein Gefühl ausleben und fährt nach Berlin, Judith zu suchen…
Durch den Verzicht auf Erklärungen für diesen Lebenstil und eine fast dokumentarische Genauigkeit der Millieuschilderung gelingt Schütte ein berührendes, universelles Bild über das Scheitern, die Einsamkeit von Menschen und das Gefühl Liebe. Plötzlich ist es da und verändert alles im Leben seiner Helden. Und das Verlorensein des Penners Hagen schlägt plötzlich um in Aktivität und die Bereitschaft zum Ertragen sozialer Normen - Penner Gustl empfahl zur Bekämpfung des Liebeskummers Arbeit. Hervorragend ist der Film bis in die kleinsten Nebenrollen besetzt. Herausragend Lars Rudolph als Edgar, unsterblich verliebt in die Prostituierte Liane (Sibylle Canonica).