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The Five Devils

Drama/Mystery, Frankreich 2022, 97 min

Die Regisseurin Léa Mysius stellt mit ihrem zweiten Film folgende Aufgabe; lege ein Puzzle. Ausgebreitet hat sie folgende Teile. Eine Schule, eine Schwimmhalle, fünf Berggipfel und ein See, Brandgeruch, Alkoholprobleme, Eheprobleme, Alltagsrassismus, ein von Brandnarben übersätes Gesicht, Bonnie Tylers »Total Eclipse Of A Heart«, ein Soundtrack aus verfremdeten Tierlauten, ein Hochzeitsfoto, eine stetig wachsende Reliktensammlung, ein Gefängnisaufenthalt samt Entlassung, ein Sud aus toten Vögeln, … so ein Puzzle beginnt meist von den Rändern her zu wachsen, also was haben wir hier?
Joanne (Adèle Exarchopoulos), die junge Schwimmlehrerin, als nahezu alleinerziehende Mutter, und Jimmy (Moustapha Mbengue), der emotional wie physisch abwesende Feuerwehrmann als Vater, stellen auf dem Papier des Hochzeitsfotos die kleine Familie dar, in deren Mittelpunkt die 8-jährige Vicky (Sally Dramé) steht. Das Mädchen wandert gelassen hin und her zwischen ihrem trostlosen Elternhaus, wo sie der Streitereien überdrüssig ist, und ihrer Schule, in der sie für alle nichtfarbigen Kinder die Zielscheibe rassistischen Spottes abgibt. Muße findet sie indes beim Sortieren ihrer olfaktorischen Schätze, Vicky liebt es, Gerüche von Dingen, Menschen und Ereignissen zu sammeln. Sie liest in ihren Fundstücken wie andere Kinder in Comicbooks. Sie findet ihre verdutzte Mutter beim Versteckspielen im Wald, indem sie ihrer Nase nachgeht, und als eines Tages ganz überraschend Tante Julia (Swala Emati), die Schwester ihres Vaters, auftaucht, riecht Vicky zum ersten Mal den Geruch der Lüge. Mehr noch; Julias Ankunft setzt erst das ganze fantastische Räderwerk dieses schaurig schönen Familienfilmes in Bewegung. Regisseurin Léa Mysius liebt es, ihren Figuren Fähigkeiten zu entreißen, wie in ihrem Debüt »Ava«, wo die Protagonistin das Augenlicht verliert, oder sie, wie hier, mit Fähigkeiten auszustatten, immer um der Geschichte wunderbare Facetten hinzuzufügen. Apropos Facetten. Während Vicky erstaunt feststellt, dass sie mittels Julias Geruch in deren Vergangenheit spazieren gehen kann, und dort erstaunliche Dinge über ihre Familie und über sich selbst erfährt, lernen wir wieder sehen; in einem sich stetig wandelnden Feuersturm aus Farben, wie es sie nur in der Vergangenheit, auf 35mm Film, gibt.
alpa kino