Emma & Marie - Je te mangerais

Marie (Judith Davis), die schon ihr ganzes Leben davon träumt, Pianistin zu werden, hat keinen blassen Schimmer, worauf sie sich bei dem gut gemeinten Handel ihrer Eltern einlässt. Sie will in Lyon ans Konservatorium und die Eltern wollen Geld sparen und sind daher hoch erfreut, als sie Marie bei einer Freundin unterbringen können. Emma (Isild Le Besco) studiert Medizin, lebt vom Geld ihrer Mutter und haust allein in einer riesigen Wohnung. Marie darf bei ihr zur Untermiete wohnen. Über die knarrenden Dielen huscht bald fröhliches Mädchengelächter und anfänglicher Übermut erstarrt hier und da in stiller Verzauberung. Denn Marie vermag sich einer seltsam anmutenden Begierde nicht so recht erwehren zu können. Jeder Blick nach der kühl aber grazil daherkommenden Emma lässt sie ein wenig mehr in Richtung einer gefährlichen Liaison gleiten. Obendrein macht ihr auch Sami, ein Freund aus der Pianoklasse, ganz unzweideutige Avancen. Ohne zu ahnen, dass Emma längst von ihr Besitz ergriffen hat, ringt Marie mit ihren Gefühlen. So mischt sich in ihre ersten Schumann-Akkorde leise Wehmut. Doch Emma pfeift auf ein langes adagio, sie hat auch einen unzweideutigen Plan.
Auf erfreulich leise Art und Weise erzählt Regie-Debütantin Sophie Laloy in »Je te mangerais« vom Ansturm jugendlicher Gefühle und behandelt dabei ihre Figuren, ohne jede Spur von L-Wort-Klischees, auf's Höchste respektvoll. Bis zum bitteren Ende.
Micha Rudolph