Saw - Vollendung
Der 3D-Wahn kennt mittlerweile 21 Jahre nach dem 9. November 89 keine Grenzen mehr, so dass uns nunmehr so fast jeder Film als dreidimensionales Erlebnis aufgedrängelt wird. Wahrscheinlich war auch die 3D-Welle der Grund dafür, dass man den gefühlten 96sten Teil von »Saw« noch mal unter die Leute wirft. Ist ja auch fetziger, wenn einem das Gedärm aus dem Unterleib einer Dame direkt um die Ohren fliegt, als nur platt und gelangweilt auf den Fußboden zu plumpsen. Langsam geht mir aber, ehrlich gesagt, dieses Saw-Wiedergekäue gehörig auf den Sack. Obwohl man ja schon dankbar sein muss, dass wir nicht noch von »Hostel« Teil sonstwieviel malträtiert werden. Dafür war »Hostel« Gott sei´s gedankt, einfach zu schlecht, inkonsequent und phantasielos, was man von den »Saw«-Reihen ja so nicht sagen kann, auch wenn diese zunehmend belehrender Pseudomoral mit philosophischem Ansatz immer mehr zu nerven begannen. So besann man sich wieder auf die eigentlichen Tugenden der Reihe. Die nervenaufreibende optisch ästhetisch künstlerisch wertvollen Umsetzungen und Choreographien von originell kranken Folterphantasien. Wir remembern uns und wissen, dass es eigentlich überhaupt nicht mehr um die eigentliche Hauptfigur des Jigsaw geht, sondern nur noch um eine Abfolge von letalen Bestrafungen und Folterungen, in denen die Täter und Opfer nur noch als beliebige Staffage agieren und so tun, als gäbe es noch irgendeinen Zusammenhang zum ersten Teil. Erstaunlicherweise tritt der Hauptstrang des Folterparcours diesmal etwas in den Hintergrund, der nun einem Rache/Amok-Plot im Stile von »Ein Mann sieht Rot« mit Charles Bronson seinen Vortritt lässt und so auch ein Polizist außerhalb des Foltertheaters mal so spontan gemeuchelt wird. Ausführender Mordbube ist wieder Detective Hoffman, der die über Jigsaws Tod hinausgehenden Pläne weiter zu führen scheint. Hierauf jetzt hier in irgendeiner Weise genauer eingehen zu wollen, ist aber Quatsch, Zeit- und Druckpapierverschwendung, da es eine Story in dem Sinne eigentlich nicht mehr gibt und der Film nur noch eine lose Aneinanderreihung von Aktion, Reaktion und Konsequenz ist. Wenn man all die Grausligkeiten sowie die technischen und dramaturgischen Ungereimtheiten nicht so ernst nimmt und sowieso ein großer Freund der Reihe und des Splatter- und Goregenres ist, hat man sicherlich viel Freude an dem Werk. Ansonsten müsste man sich wahrscheinlich eingestehen, dass die technische und logistische Umsetzung der jeweiligen Folterapparaturen und Szenarien eigentlich nur von einem OBI- oder Hornbach-Team in Verbindung mit einem Dispatcher-Kollektiv der Dresdner Verkehrsbetriebe zu bewältigen wäre, was uns sicherlich von einem Besuch des Filmes abhalten könnte.
Falls es gegen alle Beteuerungen nächstes Jahr »Saw VIII« geben sollte, werde ich eine Protestnote sowie eine Petition an die zuständigen Organe richten, wenn diese nicht bis dahin gelangweilt auf den Fußboden geplumpst sind.
Ray van Zeschau, Mahlzeit
Buch: Marcus Dunstan, Patrick Melton
Regie: Kevin Greutert
Darsteller: Tobin Bell, Betsy Russell, Costas Mandylor, Tanedra Howard, Johnny Yong Bosch
Kamera: Brian Gedge
Produktion: Twisted Pictures, Mark Burg, Oren Koules
Bundesstart: 25.11.2010
Start in Dresden: 25.11.2010
FSK: ab 18 Jahren