Benda Bilili!

Blechbüchse, Elektrokabel, ein kleiner Rundbogen aus Holz - fertig ist Rogers Laute. Der Straßenjunge aus Kinshasa pickt darauf wie ein junger Gott. Dass ihn jetzt mehr Menschen hören als gewöhnlich, hat er Ricky und Coco zu verdanken, zwei langjährigen Freunden in den Fünfzigern, die seit 2003 eine Band haben und mit ihr ein hitziges Gericht aus Soul, Salsa, Rumba, Blues und HipHop-Scratching köcheln. Sie spielen dort, wo sie leben, und sie singen davon: Draußen an den lauten, gewalttätigen, rauen Ecken der kongolesischen Hauptstadt. Wenn es gut kommt, vor einer Bar, nicht drinnen. Sie sind acht, seit Teenie Roger dabei ist, der wie ein Talisman war. Denn Staff Benda Bilili, so der Gruppenname (frei auf deutsch „Jenseits aller Äußerlichkeiten“), werden vom belgischen Produzenten Vincent Kenis zur ersten CD-Produktion geführt, gehen 2009 gar auf Europa-Tournee. Sie sind außer sich vor Neugier und Aufregung.
Renaud Barret und Florent de la Tullaye haben Ricky &. Co. entdeckt, fünf Jahre lang begleitet und den Spirit, das Wesen und Spezielle dieser Gemeinschaft auf berührende, mitreißende Weise eingefangen. Es geht ihnen weder um das Ausstellen von Exotik noch um Gutmenschelei. Ihre Dokumentation ist punktiert auf das Wesentliche wie Seltene, steht Afrika im Zentrum: Hoffnung und Kraft durch Urtypisches. Darauf blicken wir manchmal etwas beschämt, in jedem Falle staunend. Denn noch etwas macht die Männer aus: Sie sind poliogelähmt, sitzen zumeist im Rollstuhl oder motorisierten Dreirad (wenn es sie darin hält) und musizieren aus voller Seele ein wuchtiges „Ja“ zum Leben. Mit Gitarren, Bass, Percussions - und Rogers außergewöhnlicher Laute.
Andreas Körner